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Alleingelassen? So bekommen Medienprofis mehr Unterstützung im neuen Job

Alleingelassen? So bekommen Medienprofis mehr Unterstützung im neuen Job Attila Albert

Wer eine neue Aufgabe beginnt, spürt seine (derzeitigen) Grenzen: Er arbeitet langsamer als sonst, macht mehr Fehler, fühlt sich verunsichert und wieder wie ein Anfänger. Mediencoach Attila Albert sagt, welche Hilfe Sie erwarten können und wie Sie schnell zu neuer Routine zurückfinden.

Berlin – Ein Fachjournalist hatte neu in einer Redaktion angefangen. Freundlich aufgenommen, fühlte er sich trotz seiner Erfahrung bald verunsichert. Es begann schon damit, dass er dort mit einem Windows-Rechner arbeiten musste, während es vorher ein Mac gewesen war. Nun dauerte alles länger, er musste viel fragen und nachsehen: Wo war hier das @-Zeichen, wie erstellte man einen Screenshot? Er kannte auch die gewünschten Themenschwerpunkte und Ansprechpartner noch nicht, blickte im CMS und in der Ablage nicht durch. Bald war es ihm peinlich, ständig etwas fragen zu müssen – er fühlte sich alleingelassen.

 

Wer eine neue Aufgabe beginnt, spürt seine (derzeitigen) Grenzen. Das ist bei einem internen Stellenwechsel so, bei einer Beförderung oder dem Wechsel des Arbeitgebers umso mehr. Echte Herausforderungen sind aufregend und unangenehm zugleich, anregend und frustrierend. Sie arbeiten langsamer als sonst, machen mehr Fehler, fühlen sich unsicher und bloßgestellt. Wer eben noch stolz auf seine professionelle Routine war, muss nun Anfängerfragen stellen. Doch beides gehört untrennbar zusammen: Wer sich weiterentwickeln will, muss Wachstumsschmerzen aushalten lernen.

 

Jeder braucht die Probezeit für sich

So sind realistische Erwartungen bei einem Aufgaben- oder Stellenwechsel hilfreich, um unnötigen Frust und unangemessene Selbstzweifel zu vermeiden. Wenn Sie tatsächlich eine neue Aufgabe annehmen, also nicht nur das Gleiche nun anderswo erledigen, werden Sie zunächst einmal weniger gut als zuvor arbeiten. Geben Sie sich dafür die übliche Dauer der Probezeit, drei bis sechs Monate. In dieser Zeit ist es normal, dass Sie Vorgesetzte und Kollegen ständig etwas fragen müssen. Das ist kein Zeichen von frühem Scheitern, sondern dass Sie wirklich herausgefordert werden und nun dazulernen.

 

Einem guten Arbeitgeber ist das auch klar, er plant eine Einarbeitungszeit mitsamt der zusätzlichen Belastung für die Kollegen von sich aus ein. Selbstverständlich sollten Sie versuchen, Ihre Fragen zuerst selbst zu beantworten. Oft hilft schon eine Google-Suche oder der Blick ins Intranet. Notieren Sie sich ansonsten alles. Bei dem Übermaß an neuen Informationen ist es unmöglich, sich alles sofort zu merken, gedanklich zu verarbeiten und anzuwenden. Aber es ist für die anderen Teammitglieder, die selbst genug zu tun haben, auch nicht zumutbar, dass sie alles mehrfach wiederholen und erklären müssen.

 

Klären, was Ihnen helfen würde

Wichtig ist die eigene Klarheit darüber, welche Art von Unterstützung Sie sich wünschen. Benötigen Sie organisatorische Einweisungen, fachliche Anleitung, mehr Zuspruch und soziale Aufmerksamkeit? Je besser Sie das wissen, desto eher richten Sie sich an den richtigen Ansprechpartner und finden das passende Format (z. B. kurze Nachfrage, Meeting, Schulung, Team-Event). Generell hilft der Blick auf die Kollegen: Teilen Sie den Eindruck, dass Sie sich eben nur gerade einarbeiten, oder nimmt man Sie als unselbständig oder gar uneignet wahr? Denn natürlich gibt es unterschiedliche Leistungsniveaus.

 

(Wenn Sie sich im Job subtil oder offen gegängelt oder unter Druck gesetzt  fühlen, liegt meist eher ein kultureller Wertekonflikt vor, der sich nur begrenzt auflösen lässt.)

 

So ist bei allem verständlichen Frust, die Überforderung mit sich bringt, vorsichtig zu beurteilen, ob Sie wirklich „alleingelassen“ werden. Als Angestellter – und erst recht als Freiberufler – sind Sie zunächst eigenverantwortlich und müssen liefern, was Sie vertraglich zugesagt haben und auch bezahlt haben wollen. Gleichzeitig haben Sie einen Anspruch auf kooperative Unterstützung durch Vorgesetzte, Kollegen und sogar Kunden (Fürsorge- bzw. Mitwirkungspflichten). Im Idealfall sind für die Anfangszeit mehrere Gespräche zum Kennenlernen und zur Einweisung angesetzt, damit Sie nicht immer darum bitten müssen. Ansonsten: Fragen Sie ohne Scheu, nur eben nicht immer wieder dasselbe.

 

Dauerhafte Überforderung vermeiden

Anders ist die Situation, wenn Sie sich über die – echte oder gedachte – Probezeit hinaus unsicher und überfordert fühlen. Das kann viele Gründe haben, von zu vielen Aufgaben bis zu fehlenden Qualifikationen und Arbeitsmitteln. Sie sollten individuell ermittelt werden und lassen sich nicht dadurch beseitigen, dass immer wieder die Kollegen aushelfen. Hier empfiehlt es sich mittelfristig (innerhalb von ein bis zwei Jahren) stattdessen, auf eine Stelle zu wechseln, die Ihrem Profil und Stärken besser entspricht. Sie ersparen sich damit unnötig viele Selbstzweifel und oft sogar Erschöpfung, also einen Verlust an Lebensqualität.

 

Jede Tätigkeit ist im Idealfall eine Mischung aus Routine und Herausforderung: Sie können auf Gewohntem aufbauen und lernen gleichzeitig etwas dazu. So fühlen Sie sich bestätigt, aber es bleibt interessant und abwechslungsreich. Grundsätzlich ist Überforderung nicht schlecht, wenn sie Teil eines Lernprozesses und vorübergehend ist. Denn nur, wenn Sie über Ihre bisherigen Grenzen gehen, erweitern Sie diese. Danach braucht es aber immer wieder Phasen der Stabilität, in denen Ihr beruflicher und privater Alltag keine besondere Anstrengung mehr erfordert und Sie sich erholen und neu orientieren können.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Genug vom Führungsjob

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.