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Angemessenes Gehalt: Was Medienprofis wirklich verdienen und wie Sie mehr herausholen

Angemessenes Gehalt: Was Medienprofis wirklich verdienen und wie Sie mehr herausholen Attila Albert

Die neue Erhebung des „medium magazins“ zeigt wieder einmal: Bei Gehältern und Honoraren gibt es enorme Unterschiede zwischen den Medienhäusern. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie bereits mit einigen einfachen Gewohnheiten mittelfristig mehr Einkommen erzielen können.

Berlin – Nur selten wissen Medienprofis, was ihre Vorgesetzten und Kollegen wirklich verdienen. Zwar gibt es Vermutungen, Gerüchte und gelegentliche Andeutungen. Aber kaum konkrete Zahlen über die Gehaltstarifverträge hinaus, mit denen man das eigene Einkommen einordnen und eventuell nachverhandeln könnte. Auch für Bewerbungen, bei denen man oft sein Wunschgehalt nennen soll, ist das problematisch: Sollte man das tatsächliche eigene Gehalt nehmen – oder aus strategischen Gründen lieber auf- oder abrunden?

 

Das „medium magazin“ hat jetzt Einkommensangaben von angestellten und freien Mitarbeitern von 146 Medien ausgewertet. Dafür wurden nur Daten ab 2020 berücksichtigt, um ein aktuelles Bild zu erhalten. Sie sind nicht repräsentativ, weisen aber auf enorme Unterschiede zwischen den Medienhäusern hin. Medienprofis können anhand der ermittelten typischen Einkommen abschätzen, wo sie persönlich und ihre Arbeitgeber im Gehaltsgefüge stehen. Beides hilft, realistisch in Verhandlungen zu gehen.

 

Die höchsten mittleren Gehälter zahlen danach „Bild“ (5.777 Euro), NDR (5.323 Euro), „Feinschmecker“ (5.000 Euro), „Brigitte“ (4.888 Euro) und Buzzfeed (4814 Euro). Es handelt sich jeweils um den Median der monatlichen Bruttogehälter. Dieser Mittelwert hat den Vorteil, dass ihn einzelne Ausreißer – Praktikant, Chefredakteur – wenig beeinflussen.

 

Enorme Spannbreiten ermittelte das „medium magazin“ auch bei den Honoraren für Freie, seien es Zeilenhonorare oder Stundensätze. Hier zahlen in der Liste am meisten: „Brigitte“ (kalkulatorisch 50 Euro Honorar pro Stunde), „Geo“ (48 Euro) und „Stern“ (44 Euro). Besonders wenig erhalten Freie dagegen bei „Junge Welt“ (5 Euro), „Ruhr Nachrichten“, „Wiesbadener Kurier“ und „Allgemeine Zeitung “(jeweils 8 Euro). Zum Vergleich: Für PR-Texte werden typischerweise 90 Euro pro Stunde angesetzt, für reines Lektorat 45 Euro.

 

Gehaltswert erodiert, wenn Sie nicht handeln
Wenn Sie mit Ihrem aktuellen Gehalt zufrieden sind oder sogar meinen, dass es fast mehr als angemessen ist, lohnt sich angesichts der Inflation zumindest der langfristige Blick. Denn wer einmal ein gutes Gehalt ausgehandelt hat, muss anschließend oft erleben, dass jede weitere Tariferhöhung verrechnet wird und der einstige Vorteil schleichend erodiert. Selbst interne Wechsel macht ein gutes Gehalt manchmal unmöglich, wenn es nicht zum Gefüge der später gegründeten Tochtergesellschaften bzw. Teams passt.

 

Für Freiberufler ist es besonders bedeutsam, ihr bisheriges und zu erwartendes Einkommen fortlaufend im Blick zu haben. Nicht nur, um mögliche Engpässe früh zu erkennen, sondern auch, um wenig attraktive Kunden zu identifizieren und selbstbestimmt durch Neuakquisen zu ersetzen. Neben der reinen Geldsumme, dem Arbeits- und Zeitaufwand spielt auch die Zahlungsmoral eine Rolle. Es gibt journalistisch hoch angesehene Medienhäuser, die Honorarrechnungen ihrer Mitarbeiter jedoch teilweise Monate zu spät bezahlen.

 

Das Einkommen zur Priorität machen
Einige einfache Gewohnheiten helfen Medienprofis, angestellt oder selbstständig, bei ihrem Einkommen die Kontrolle und Handlungsmacht zu behalten:

  • Kennen Sie Ihr Einkommen: Als Angestellter sollten Sie Ihr Jahreseinkommen zumindest ungefähr wissen (brutto inklusive Extras wie Presseversorgung, Kantinen- und Handyzuschuss). Als Selbstständiger Ihren Jahresumsatz – und gewinn.
  • Beobachten Sie die Branche: Schauen Sie zumindest einmal jährlich in aktuellen Erhebungen und Regelwerken (z. B. Gehaltstarifvertrag für Redakteure) nach, ob Ihr Einkommen sich noch im üblichen Bereich bewegt oder stark abweicht.
  • Individuelle Einschätzung: Durchschnittswerte geben eine Orientierung. Da aber weitere individuelle Faktoren (z. B. genaue Stelle, Betriebszugehörigkeit) bedeutsam sind, sollten Sie alle 2-3 Jahre eine fachkundige Expertise für sich einholen.
  • Handlungsbedarf ableiten: Wenn Ihr Einkommen zu niedrig ist, kann das viele Gründe haben – zu niedrige Position, kapitalschwacher Arbeitgeber, fehlendes Verhandlungsgeschick. Entscheiden Sie, was Sie dagegen tun werden.
  • Zur Priorität machen: Es ist verständlich, wenn Sie am liebsten nur Ihren Job machen und nicht um mehr Gehalt kämpfen wollen. Auch der Alltag fordert bereits viel. Setzen Sie sich trotzdem finanzielle Ziele und einen Zeitrahmen dafür.

 

Die Frage nach dem angemessenen Einkommen hat viele Aspekte. Vom persönlichen Bedarf, also Lebenshaltungskosten und gewünschten Extras, bis zu dem, was Sie als angemessen und fair empfinden. Dazu kommt, wie wichtig Ihnen das Einkommen in der Gesamtschau (neben z. B. Arbeitsinhalte, Kollegen, Familiensituation) ist. Ein zu niedriges Einkommen sollte kein Grund zu Scham oder Resignation sein, sondern zum Handeln auffordern und ermutigen. Probieren Sie aus, was für Sie noch möglich ist.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Keine Aufstiegschance

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.