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Berufliche Alternativen: Wohin Medienprofis sich neu orientieren können

Berufliche Alternativen: Wohin Medienprofis sich neu orientieren können Attila Albert (Foto: Tyler Ramsey)

Wer seit langem an derselben Stelle arbeitet, weiß oft gar nicht, welche beruflichen Möglichkeiten er sonst noch hätte. Dabei gibt es unzählige Wege, je nach fachlichem Hintergrund und Interesse. Karriere-Coach Attila Albert nennt Beispiele und sagt, was Medienprofis unnötig zurückhält.

Berlin – „Was könnte ich eigentlich sonst noch machen?‟ Mit dieser Frage beginnt häufig die erste echte Überlegung zur beruflichen Neuorientierung. Medienprofis, die sie sich stellen, müssen nicht einmal besonders unglücklich mit ihrer aktuellen Stelle sein. Vielleicht ist sie nur zur langweiligen Routine geworden, bietet keine Aufstiegsperspektive oder ist, obwohl noch interessant, zu niedrig bezahlt. Nach mehreren erfolglosen Bewerbungen liegt es nahe, den eigenen Suchradius in Bezug auf Stellenprofile zu erweitern.


Am häufigsten ist natürlich der Wechsel in ein anderes Medienhaus, wo Sie allerdings oft eine ähnliche Stelle wie zuvor antreten, dann bald dieselben Kritikpunkte haben. Eine echte „neue Herausforderung‟ setzt voraus, dass Sie tatsächlich etwas anders als bisher machen. Die Kommunikation – Öffentlichkeitsarbeit (PR) für Unternehmen, Institutionen oder Agenturen – ist die andere naheliegende Alternative. Hier stellt mancher bisherige Journalist allerdings fest, dass ihm diese Branche doch nicht entspricht. Was also tun?


Mediengattung oder Fokus wechseln

Sie könnten die Mediengattung wechseln – zwischen Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher), Online-Medien (Internet, App), Audio (Radio, Podcasts) oder Bewegtbild (Fernsehen, Film, Video). Überall müssen redaktionelle Themen gesetzt und recherchiert, Protagonisten und Formate definiert werden. Gleichzeitig unterscheidet sich die Umsetzung je nach Gattung deutlich. Bei solch einem Wechsel können Sie vorhandene Kompetenzen, Erfahrungen und Kontakte mitnehmen und Neues dazulernen. Beispiel: Waren Sie bisher Ressortleiter bei einem Wochenmagazin, könnten Sie Programmleiter bei einem Buchverlag werden, der ein ähnliches Themenspektrum anbietet.


Wollen Sie vor allem mit Texten und generell Sprache arbeiten, gibt es ebenfalls unzählige Möglichkeiten. Als Autor schreiben Sie (z. B. Beiträge, Bücher, Reden), ohne weiter in redaktionelle Prozesse eingebunden zu sein. Als Lektor lesen, prüfen und bearbeiten Sie Manuskripte inhaltlich und sprachlich, als Korrektor grammatikalisch, orthografisch und typografisch. Als Terminologe recherchieren, prüfen und definieren Sie Fachbegriffe, als Übersetzungsmanager koordinieren Sie eine mehrsprachige Textproduktion. Als Texter können Sie sich inhaltlich (z. B. Corporate Publishing, Branded Content) oder auf spezielle Formate (z. B. Storytelling, Werbeslogans, Untertitel) spezialisieren.
(Mehr zu Karriere-Strategien für Medienprofis im aktuellen Kress-Pro-Dossier „Viel erreicht, wie weiter?”)


Informationen sammeln und erschließen

Interessiert Sie vor allem das Sammeln, Strukturieren und Präsentieren von Informationen, gibt es ebenso viele Optionen. Als Meinungsforscher erfragen, erheben und interpretieren Sie Daten zu aktuellen Trends, politischen oder gesellschaftlichen Fragen. Als Analyst sammeln und untersuchen Sie Informationen, um Entscheidungen vorzubereiten oder anderweitig einen Mehrwert zu schaffen – als Datenanalyst speziell digital vorliegende Informationen. Als Archivar sammeln, ordnen und bewahren Sie erhaltungswürdige Dokumente, als Kurator betreuen Sie Sammlungen und gestalten Ausstellungen.

Mit personengebundenen Fähigkeiten und Kenntnissen eröffnen Sie sich ebenfalls neue Wege. Als Berater können Sie Fachwissen und Erfahrungen weitergeben, als Coach andere auf ihrem Weg begleiten, als Dozent unterrichten. Als Sprecher verlesen Sie Texte oder leihen anderen Ihre Stimme, als Redner halten Sie Vorträge. Sie können sich auch zur Personenmarke entwickeln und mit Ihrem Namen und Ihrer Person unternehmerisch aktiv werden. Beispiel: Sie haben regelmäßig über ein Themengebiet geschrieben. Nun eröffnen Sie einen Online-Shop und bieten Ihren Lesern dazu passende Produkte und Seminare an.


Kombination verschiedener Aufgabengebiete

Viele interessante, sehr gefragte Berufe haben sich aus der Kombination von redaktionellen, technischen und organisatorischen Aufgaben etabliert. Als Content-Manager sorgen Sie für die Verteilung von Inhalten auf den unterschiedlichen Kanälen, auf Führungsebene als Chef vom Dienst, Newsroom-Chef u.ä. Als SEO-Manager sind Sie dafür verantwortlich, dass Suchmaschinen diese Inhalte optimal aufgreifen und anzeigen. Produktmanager entwerfen und betreuen Angebote des Unternehmens und arbeiten daran, sie erfolgreich zu machen. Projektmanager planen und verteilen die Umsetzung komplexer Aufgabenpakete.

Erstaunlich viele Medienprofis träumen davon, „etwas Handfestes” (z. B. Koch, Schreiner, Gärtner, Restaurator) oder „etwas mit Menschen” (z. B. Kindergärtner, Lehrer, Therapeut) zu machen. Hier schwingt meist ein Überdruß an Bildschirmarbeit mit, die als sinnlos empfunden wird. Mancher idealisiert diese Berufe auch. Spielen Sie mit derartigen Gedanken, sollten Sie vor einer Entscheidung mehrere Urlaube dafür nutzen, in Kursen und Praktika mehr über benötigte Abschlüsse und die Arbeitsrealität zu erfahren. Am Ende entscheiden sich allerdings nur die wenigsten für einen derartigen Redikalwechsel.


Unterschiedliche Arbeitsmodelle möglich

Die meisten der zuvor genannten Berufe gibt es in klassischen Medienhäusern, dazu in den Marketing- und Kommunikationsabteilungen aller Branchen sowie in den unzähligen Agenturen (z. B. für Strategieberatung, Werbung, Content-Marketing, PR, Social Media). Sie können sich um eine Festanstellung bemühen, um eine feste Zusammenarbeit mit Pauschal- oder Rahmenvertrag – oder frei auf Projektbasis. Jede dieser Varianten hat ihre Vor- und Nachteile, abhängig von Ihrer Situation. Beispiel: Wer wegen der Kinder nur flexibel halbtags arbeiten kann, bevorzugt möglicherweise eine lockere Anbindung.

Wegen der unzähligen Möglichkeiten empfiehlt es sich, zuerst Ihr Ziel und dessen genauen Anforderungen zu klären, ehe Sie eine Weiterbildung beginnen. Damit verhindern Sie, dass Sie unnötig Zeit und Geld investieren. Sollten Sie sich bei resignierten, mutlosen Gedanken ertappen („Das braucht ja sowieso niemand‟, „davon gibt es doch schon genug‟, „da habe ich keine Chance‟): Sie haben oft wenig mit Ihren tatsächlichen Möglichkeiten zu tun, mehr mit einem Mangel an Zuversicht, Selbstbewusstsein und Umsetzungskraft. Auch daran können Sie arbeiten – und endlich neu durchstarten.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Klare Worte

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.