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Jedes Gehaltsangebot zu niedrig? Diese 5 Auswege bieten sich Journalistinnen und Journalisten bei der Jobsuche

Jedes Gehaltsangebot zu niedrig? Diese 5 Auswege bieten sich Journalistinnen und Journalisten bei der Jobsuche Mediencoach Attila Albert

Für manche Medienprofis auf Jobsuche enden Bewerbungen regelmäßig damit, dass ihnen deutlich weniger Gehalt als erwartet angeboten wird. Dankend ablehnen kann man im Einzelfall immer. Auf Dauer wird damit aber nichts gelöst. Mediencoach Attila Albert nennt fünf Auswege.

Berlin – Die verantwortliche Redakteurin eines großen Zeitschriftenverlages, mehr als 20 Jahre angestellt, suchte schon seit langem – eher unentschlossen – nach einer neuen Stelle. An ihrem Arbeitsplatz frustrierte sie inzwischen zwar eigentlich fast alles. Aber nur selten bewarb sie sich woanders. Wurde sie einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, endete es immer gleich: Ihr wurde ein Gehalt angeboten, das sie für indiskutabel hielt. Sie verdiente 85.000 Euro (brutto) im Jahr. Alle Angebote lagen 20 bis 50 Prozent darunter.

 

Für manche Medienprofis enden Bewerbungsverfahren immer wieder mit der gleichen frustrierenden Erfahrung: Kommt es doch einmal zu einer Vertragsverhandlung, ist das Angebot so niedrig, dass sie dankend verzichten. Das geschieht heute selbst bei internen Bewerbungen, also beim aktuellen Arbeitgeber in einer anderen Gesellschaft oder Abteilung. Dort sind die Budgets nicht selten inzwischen viel niedriger oder der Arbeitgeber will das Gehaltsniveau generell senken und erwartet daher bei einem Wechsel einen Verzicht.

 

Zwar kann man seine Bewerbung dann immer zurückziehen. Auch offen damit begründen, dass ma „andere finanzielle Vorstellungen“ habe oder sich „nicht verschlechtern“ wolle, sondern das erreichte Gehalt beibehalten. Auf Dauer ist das aber keine Lösung und führt bei manchem dazu, dass ein Wechsel jahrelang nicht gelingt. Was tun, wenn Ihre Gehaltsvorstellungen und die Angebote regelmäßig nicht zueinander passen? Es gibt fünf Möglichkeiten, wie Sie reagieren könnten.

 

1. Erfragen, ob doch mehr drin ist

Sicherheitshalber sollten Sie nachfragen, ob es beim Angebot „finanziell etwas Flexibilität“ gibt. Manche Arbeitgeber testen aus, wie tief sie gehen können, ehe sie ein realistisches Angebot machen. Andere werden kreativ, wenn Sie einen Bewerber wirklich wollen, legen für ihn z.B. das Budget aus zwei Kostenstellen zusammen. Realistisch lassen sich meist aber nur fünf bis zehn Prozent brutto mehr aushandeln, alternativ einige Extras (z.B. kostenlose oder rabattierte Jahreskarte für den Nahverkehr, Sportstudio-Rabatt). Den Ausschlag gibt solch eine Nachbesserung oft nur, wenn es sowieso Ihre Wunschstelle ist.

 

Tipp: Argumentieren Sie nie mit privater Bedürftigkeit („Wir haben Kinder und müssen ein Haus abzahlen“), das sorgt sofort für Abwehr. Sondern professionell mit den Aufgaben und der Verantwortung der Position, die entsprechend vergütet werden müssen.

 

2. Abwarten, bis eine höhere Position frei wird

Lief das Bewerbungsverfahren – ausgenommen die Gehaltsfrage – für beide Seiten gut, kann es sinnvoll sein, auf eine freiwerdende höhere Position beim selben Arbeitgeber zu warten (z.B. Ressort- statt Teamleiter). Sie wird entsprechend höher budgetiert sein. Wer ein bis drei Jahre Zeit und Geduld hat, kann damit erfolgreich sein. Vorteil: Sie können dann an ihre erste Bewerbung anknüpfen, bei der Sie immerhin so weit überzeugt haben, dass Sie bereits über Vertragsdetails verhandelt haben. Beenden Sie dafür das erste Bewerbungsverfahren sehr diplomatisch, damit man Sie in guter Erinnerung behält.

 

Tipp: Bewerben Sie sich nicht auf alle denkbaren Stellen bei einem Arbeitgeber. Sie werden unglaubwürdig, wenn Sie jedes Mal erklären, gerade für diese Position perfekt geeignet zu sein. Wählen Sie gezielt aus und führen Sie eine Liste Ihrer Bewerbungen für die Übersicht.

 

3. Eigene Kosten senken, weniger akzeptieren

Bei jeder Gehaltsverhandlung geht es darum, auch materiell Anerkennung für die eigene Arbeit zu bekommen. Aber ebenso ganz praktisch darum, die Lebenshaltungskosten zu decken und einen bestimmten Standard zu halten. Aber wie viel Geld brauchen Sie dafür wirklich? Wer bei Bedarf mit weniger auskommen könnte, ist flexibler darin, eine interessante Stelle eventuell auch für weniger Geld anzunehmen. Überlegen Sie, wo es für Sie möglich und akzeptabel wäre, Kosten zu senken. Oft summieren sich Kleinigkeiten: Verein statt Sportstudio, Netflix kündigen, weniger Snacks oder Getränke unterwegs.

 

Tipp: Spontan sagen viele Medienprofis bei entsprechenden Coaching-Gesprächen, sie kämen auch mit 20 Prozent weniger aus. Andere haben gar keinen Spielraum. Rechnen Sie Ihre monatlichen festen und flexiblen Kosten einmal durch, um es genau zu wissen.

 

4. Mit einem Nebenjob ausgleichen

Möglicherweise interessiert Sie die Stelle inhaltlich oder sie wäre strategisch vorteilhaft. Weil sie z.B. einen angestrebten Umzug ermöglichen oder Ihre Sichtbarkeit in der Branche erhöhen würde (z.B. durch einen formellen Aufstieg, auch wenn er nicht gut bezahlt ist, oder durch eine Tätigkeit bei einem größeren Titel). Den Gehaltsverlust könnten Sie angesichts dieser Vorteile durch eine Teilselbstständigkeit oder Nebentätigkeit ausgleichen. Beispiel: Sie stimmen einem niedrigeren Gehalt unter der Bedingung zu, dann nur vier Tage pro Woche (80 Prozent) zu arbeiten – und arbeiten am fünften Tag frei zu einem höheren Satz.

 

Tipp: Diese Option kann ein risikoarmer Test dafür sein, wie tragfähig eine mittelfristig angestrebte Selbstständigkeit wäre. Durchdenken Sie deshalb ausdrücklich auch an die finanzielle Seite (Mini-Businessplan), nicht nur Aspekte wie Selbstverwirklichung.

 

5. Orts-, Job- oder Branchenwechsel

Ist keiner der oben aufgeführten Schritte mittelfristig erfolgreich, ist das ein klarer Hinweis darauf, dass Ihre Vorstellungen (Angebot) grundsätzlich nicht zum Markt (Nachfrage) passen. Prüfen Sie zuerst, ob Ihre finanziellen Vorstellungen realistisch und zeitgemäß sind. Falls ja, könnten ein Orts-, Job oder Branchenwechsel mit explizit finanziellem Motiv der Ausweg sein. Erfragen Sie dafür bei sachkundige, vertrauenswürdigen Personen, wie die Einkommen und Ausgaben an anderen Orten sind bzw. was in anderen Positionen und Branchen wirklich verdient wird. Mutmaßungen sind zu wenig für diese Entscheidung.

 

Tipp: Setzen Sie sich ein Limit, wie lang Sie alle Angebote ausschlagen, aber weiterhin mit den gleichen Kriterien suchen wollen. Ein zeitliches Limit (z.B. ein Jahr) oder einen festen Punkt in Ihrer Lebensplanung, z.B. bis zur absehbaren Einschulung Ihres Kindes.

 

Ihnen wird aufgefallen sein, dass alle fünf Möglichkeiten recht pragmatisch sind und sich darauf konzentrieren, real Ihre Situation zu verbessern. Das ist anspruchsvoller, als sich vor allem emotional damit zu beschäftigen: Anderen oder sich Vorwürfe zu machen oder Forderungen an eine diffuse Allgemeinheit zu erheben. Das sind natürlich Möglichkeiten, die kurzzeitig Erleichterung verschafft, Ihre Situation aber nicht verbessern, sondern Sie langfristig sogar herunterziehen. Am Ende muss ein reales Problem auch real gelöst, nicht nur bedacht und besprochen werden.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Das hilft, wenn Ihnen Bewerbungen peinlich sind

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.

 

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