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Keine Aufstiegschance: Wann junge Medienprofis abwarten und wann sie wechseln sollten

Keine Aufstiegschance: Wann junge Medienprofis abwarten und wann sie wechseln sollten Attila Albert

Auch bei bester Leistung müssen junge Medienprofis manchmal feststellen, dass sie bei ihrem aktuellen Arbeitgeber nicht aufsteigen können. Die möglichen Gründe dafür sind vielfältig – und oft von ihnen gar nicht zu beeinflussen. Mediencoach Attila Albert nennt Auswege.

Berlin – Ein Redakteur, Mitte 30, arbeitete seit sieben Jahren in derselben Redaktion. Seine Beiträge wurden gelobt, er verdiente solide und mochte seine Kollegen. Aber an einen Aufstieg war nicht zu denken. Sein Ressortleiter, auch erst im mittleren Alter, hatte sich erkennbar in der Position und mit seiner Familie in der Stadt eingerichtet. Für den Redakteur, der endlich den nächsten Karriereschritt machen wollte, stellte sich damit die Frage: Sollte er abwarten – oder wechseln und damit aber aufgeben, was er sich hier aufgebaut hatte?

 

Gerade in jungen Jahren ist es nur normal, ehrgeizig, ungeduldig oder sogar ungestüm zu sein. Vieles geht nicht schnell genug. Zwar gelangen junge Medienprofis – Ende 20 bis Mitte 30 – heute deutlich häufiger in Führungspositionen. Gleichzeitig ist ihr Zeitfenster kleiner geworden. Nach Studium und Volontariat bleiben oft nur fünf bis zehn Jahre für den Wechsel in die Führungsebene (z. B. Ressortleitung). Ab 40 ist man dafür vielerorts schon wieder zu alt, wenn man bisher immer nur eine Fachkraft (z. B. Reporter, Redakteur) war.

 

Hat oft wenig mit Leistung zu tun

Für ehrgeizige junge Medienprofis ist es natürlich frustrierend, wenn ihre Anstrengungen nicht zum gewünschten Erfolg führen. Doch das kann viele Gründe haben, die nichts mit der eigenen Leistung zu tun haben. Typisch hier: Das Team ist so klein oder der aktuelle Arbeitgeber hat so wenige Hierarchieebenen, dass kaum Führungspositionen zu vergeben sind. Die wenigen Top-Jobs gehen an neue Mitarbeiter, die man mit etwas locken will – oder an langjährige Mitarbeiter, die es aus Sicht des Unternehmens zuerst verdient haben.

 

Oft stellt sich die Unternehmensleitung auch einfach einen anderen Kandidaten vor, ganz unabhängig von Leistungskriterien. Beispiel: Es soll auf jeden Fall eine Frau um die 30 sein, auch wenn viele ältere männliche Kollegen im Team mindestens so qualifiziert und erfahrener sind. Das dürfte man zwar so nicht in einer Stellenanzeige schreiben, denn es ist anderen Bewerbern gegenüber gleich zweifach (Geschlecht und Alter) diskriminierend. So werden diese nur diskret aussortiert, ohne den wahren Grund für die Absage zu erfahren.

 

Ständiges Drängen schadet eher noch

Ähnlich verhält es sich, wenn der Arbeitgeber Ihnen nicht mehr zutraut als das, was Sie bisher gemacht haben. Typische Szenarien hier: Sie haben gute konzeptionelle und strategische Ideen, dürfen aber bisher nur die Pläne anderer umsetzen, oder Sie sehen sich als potenzielle Führungskraft, durften aber noch nie Mitarbeiter führen. Sie sind überzeugt, dass Sie es nach einer kurzen Einarbeitungszeit könnten, Ihr Arbeitgeber nicht. Damit sind Sie in einer Sackgasse: Sie müssten und wollen sich beweisen, man lässt Sie aber nicht.

 

In all diesen Fällen ist ständiges Drängen (z. B. den Chef immer wieder um ein Gespräch bitten, sich in Konferenzen in den Vordergrund rücken) meist sinnlos, sogar kontraproduktiv. Wenn er in dieser Sache nichts für Sie tun kann oder will, wird er das bald nur noch als lästig bis unverschämt empfinden und sich abwenden. Ebenso schädlich ist es für Sie, sich über vermeintliche oder tatsächliche Ungerechtigkeiten bei Kollegen oder gar auf LinkedIn zu beschweren. Man wird Ihnen auch noch mangelnden Teamgeist und Illoyalität vorwerfen. Mancher junge Medienprofi hat sich so früh selbst ins Abseits manövriert.

 

Zuerst Führungskraft in eigener Sache werden

Beginnen Sie stattdessen, eine Führungskraft zuerst in eigener Sache zu werden. Dann werden Sie bald anders wahrgenommen und erfolgreicher sein. Übernehmen Sie die Verantwortung für sich, anstatt auf andere zu hoffen oder sich zu beklagen. Überlegen Sie sich eine Strategie, anstatt nur zu warten. Treffen Sie die notwendigen Entscheidungen, auch wenn sie unangenehm sind. Ziehen Sie Ihre Pläne durch, auch wenn die Umstände vieles schwer machen. Kurz: Ziehen Sie Ihre Konsequenzen, wenn sich nichts tut.

 

Folgende Fragen können Ihnen bei den nächsten Entscheidungen helfen. Sie führen insgesamt dazu, dass Sie sich über Ihre Motivation und Ihre Ziele klarer werden, was gerade in jungen Jahren oft noch nicht ganz einfach ist.

  • Warum streben Sie einen Aufstieg an? Mehr Geld oder spannendere Projekte lassen sich eventuell auch im aktuellen Job aushandeln. Auch hier hilft es aber, wenn Sie Alternativen haben. Bewerben Sie sich also anderswo, netzwerken Sie.
  • Sind Sie insgesamt gut positioniert? Leistung allein zählt nur begrenzt, auch wenn junge Medienprofis das oft ein wenig idealistisch annehmen. Überprüfen Sie, ob Sie mit den entscheidenden Leuten bekannt sind, Ihr Auftreten und Ruf passen.
  • Welche Signale gibt Ihr Arbeitgeber? Erhalten Sie ungefragt mehr Gehalt, eine Prämie oder andere Extras (z. B. interne Rotation), hat er vielleicht mehr mit Ihnen vor, nur gerade keine Stelle frei. Warten Sie dann noch ab, maximal ein Jahr.
  • Wie lange sind Sie bereits in Ihrer aktuellen Position? Sind es weniger als drei Jahre, könnten Sie ruhig abwarten. Darüber hinaus empfiehlt sich ein Wechsel, damit Sie nicht als antriebslos und ohne weiteres Potenzial wahrgenommen werden.
  • Ist Ihr aktueller Arbeits- und Lebensstil nachhaltig? Wenn Sie jetzt schon ständig Auszeiten (z. B. Sabbatical) brauchen, überfordern Sie sich möglicherweise. Dann sollten Sie Ihre Ambitionen anpassen, sich also bewusst mehr Zeit geben.
  • Wie wollen Sie zukünftig leben? In Ihrer Lebensphase sind Sie selbst mit Partner und Kindern noch mobiler und flexibler, als Sie es später sein werden. Wünschen Sie sich eine größere Veränderung (z. B. anderen Wohnort), gehen Sie es jetzt an.

 

Auch wenn sich junge Medienprofis heute ganzheitlichere Lebensentwürfe wünschen – mehr Zeit für Partner, Familie und Freunde –, ist der Wunsch nach einem Aufstieg weiter verbreitet. Auch die Ziele haben sich stärker differenziert, gehen über einen Stellentitel und ein höheres Gehalt hinaus. Die Sorge, beim alten Arbeitgeber Unersetzliches aufzugeben, ist übrigens unberechtigt: Sie werden im Leben immer wieder neue Chancen erhalten und auch viele Ihrer heutigen Vorgesetzten und Kollegen anderswo wiedertreffen.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Unzufrieden im Job

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.