Jobs
Newsroom

Konfrontieren, aber richtig: So setzen Medienprofis im Job Grenzen

Konfrontieren, aber richtig: So setzen Medienprofis im Job Grenzen Attila Albert

Nicht alles lässt sich hinnehmen oder selbst lösen. Manchmal braucht es klare Ansagen an Vorgesetzte oder Kollegen, müssen auch Konsequenzen sein. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie im Job Grenzen setzen, ohne Konflikte unnötig zu verschärfen und sich dadurch selbst zu schaden.

Berlin – Wie sagt man seinem Chef, dass man ihn fachlich schätzt, aber nicht mehr bereit ist, seine ständigen Launen hinzunehmen? Wie einer Kollegin, dass man nicht weiterhin gewillt ist, ihre Beiträge fertigzustellen, wenn sie wieder einmal mitten in der laufenden Produktion auf pünktlichem Feierabend besteht? Derartige Fragen stellen sich an jedem Arbeitsplatz, wo immer unterschiedliche Persönlichkeiten und Ansichten aufeinander treffen. Man kann seinen Wunsch als Bitte äußern, als scherzhaften Tipp oder Ermahnung. Was aber, wenn nichts davon hilft? Dann muss man, soll sich etwas ändern, deutlich werden.

 

Im Beruf gibt es regelmäßig Gründe, die eine Konfrontation rechtfertigen, manchmal sogar notwendig machen. Typische Beispiele: Ihre Arbeitsbelastung ist ständig zu hoch, obwohl Sie schon mehrmals darauf hingewiesen haben. Sie erhalten nicht die notwendige Unterstützung (z. B. Teammitglieder, Budget, Arbeitsmittel, freie Zeit), um Ihre Zielvorgaben erfüllen zu können. Eine versprochene Beförderung oder Gehaltserhöhung kommt nie. Ein Vorgesetzter oder Kollege vergreift sich im Ton oder benimmt sich anderweitig daneben.

 

Vermiedene Konflikte nicht schönreden
Vor einer offenen Konfrontation sollten Sie alternative Strategien probieren, um sich nicht mit allen zu zerstreiten und in ständigen Kämpfen aufzureiben. Sie könnten einige Zeit abwarten, ob sich das Problem nicht eventuell von selbst löst. Versuchen, den anderen und dessen Beweggründe besser zu verstehen, eigene Lösungsvorschläge und Mithilfe bei der Umsetzung anbieten.

 

Das darf jedoch nicht dazu führen, dass Sie Konfrontationen komplett vermeiden und sich das noch als innere Stärke und besondere Beherrschtheit schönreden („Ich stehe eben über den Dingen‟, „Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht herab‟). Tatsächlich bleiben in unserer heutigen Arbeitswelt – mit ihrer Betonung von emotionaler Intelligenz, Empathie und Achtsamkeit – viele Konflikte unausgesprochen, damit aber auch ungeklärt. Das fördert eine Scheinharmonie mit passiv-aggressiven Untertönen und verdrängter Wut, die sich dann anderswo Bahn bricht (z. B. auf Social Media oder gegenüber dem Partner).

 

Gründe für ständige Konfrontationen
Wer ständig mit Chefs oder Kollegen aneinandergerät, wird dafür immer zuerst sachliche Erklärungen und Schuldzuweisungen anführen. Der andere hat sich falsch verhalten oder die falschen Ansichten vertreten. Da brauchte es „klare Kante‟, „eine Ansage, die er nicht so schnell vergisst‟. Kommt das häufig vor, hat das aber eventuell tieferliegende Gründe:

  • Sie haben sich zu wenig unter Kontrolle oder suchen Konfrontationen geradezu – in der irrtümlichen Annahme, damit Klarheit und Stärke zu zeigen.
  • Der Konflikt lässt sich gar nicht lösen oder Ihr Arbeitgeber ist nicht daran interessiert. Daher streiten Sie immer wieder über dasselbe.
  • Sie arbeiten bei einem Arbeitgeber, der kulturell nicht zu Ihnen passt. Daraus entstehen wiederkehrende Missverständnisse und Wertekonflikte.


Jede dieser Konstellationen führt dazu, dass Sie sich ständig streiten, was auf Dauer für Sie und Ihre Mitmenschen sehr anstrengend ist. Selbst, wenn Sie sich durchsetzen, schadet das Ihren sozialen Beziehungen und schafft oft schon den Grund für den nächsten Konflikt. Die beste Gegenstrategie lautet entsprechend: Das eigene Temperament kennen und zügeln lernen, mehr zuhören und weniger urteilen. Dazu fortlaufend Bewerben und Netzwerken, um Optionen zu haben, wenn Sie verhandeln oder wechseln wollen.

 

Gründe für vermiedene Konfrontationen
Wer dagegen Konfrontationen vermeidet, redet meist die eigenen Interessen klein und verweist auf charakterliche Größe: „Da steh’ ich doch drüber‟, „dafür lohnt sich kein Streit‟. Das fühlt sich durchaus ehrenhaft an, führt aber eben auch dazu, dass man oft zum eigenen Nachteil nachgibt. Kommt das ständig vor, hat das ebenso tiefere Gründe:

  • Sie haben Angst vor offenen Auseinandersetzungen, weil Sie die Gegenreaktion fürchten – scharfe Worte, Strafen, gar körperliche Gewalt.
  • Ihnen fehlen die Alternativen, etwa ein Jobangebot anderswo. Daher wollen Sie nicht riskieren, was Sie derzeit haben, auch wenn es nicht toll ist
  • Sie sind unsicher, was Sie sich erlauben dürfen und können. Empfinden sich eventuell noch als kindlich schwach, obwohl Sie das gar nicht mehr sind.


Mit all dem vermeiden Sie offene Konflikte – aber zu dem Preis, dass andere über Sie verfügen. Das kann manchmal vorteilhaft sein, wenn Ihnen etwa ein dominanter Chef zu einem Vertrag oder mehr Gehalt verhilft. Aber Sie entscheiden und führen nicht. Hier lautet die Gegenstrategie: Eigene Ängste identifizieren, reflektieren und auflösen, schwierige Gespräche mit vorbereitschafteten Botschaften und im Rollenspiel üben. Dazu ebenso, berufliche Alternativen schaffen, um unabhängiger und mutiger auftreten zu können.

 

Ausbrüche, denen keine Konsequenzen folgen
Eine Mischform sind Pseudo-Konfrontationen: Verbale Ausbrüche („Jetzt reicht's aber‟, „Nicht noch einmal‟, „Hallo?!‟), denen jedoch keine Konsequenzen folgen. Ein erfahrener Provokateur erkennt schon an der angespannten Körperhaltung, der zittrigen Stimme und vagen Drohungen, dass nicht viel dahintersteckt. Typisches Beispiel hier: Mit einer Kündigung drohen, um eine Gehaltserhöhung zu erzwingen, obwohl Sie bisher keinen anderen Job und kaum Ersparnisse haben. Spätestens beim zweiten Versuch durchschaut Ihr Chef das und sagt möglicherweise kühl: „Dann mach’ das. Ich halte dich nicht auf.‟

 

Konfrontationen sollten keine Dauerstrategie sein, aber eine verfügbare Option für den Fall, dass alles andere nicht funktioniert. Um erfolgreich und unbeschadet zu konfrontieren, brauchen Sie persönliche Klarheit und Selbstsicherheit, dazu innere und praktische Freiheit. Das verleiht Ihnen die Aura, dass Sie nicht alles hinnehmen werden, weil Sie auch andere Möglichkeiten und Unterstützer haben. So gerät das überfällige Gespräch nicht zum aufgeregten, aber ergebnislosen Drama, sondern ist eine ernste, knappe und sachliche Mitteilung: Was Sie stört, was Sie erbitten und wie es ansonsten weitergehen wird.

 

Am effektivsten sind Konfrontationen, wenn es um einen abgegrenzten Konflikt geht, der eine einzelne Person und ein konkretes Themengebiet betrifft. Dann muss zwar ein bestimmter Aspekt angesprochen und geklärt werden, aber alles andere läuft. Passt es dagegen grundsätzlich nicht oder waren alle vorherigen Bemühungen erfolglos, gerät die Konfrontation schnell zur emotionalen, ziellosen Generalabrechnung („Ich hab’ genug hier‟, „Dann macht doch euren Mist alleine‟). Das ist allerdings fast immer ein Zeichen, dass Streiten sich gar nicht mehr lohnt, sondern für Sie ein echter Wechsel überfällig ist.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Berufliche Alternativen

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.