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Leichter zum neuen Job: Das hilft, wenn Ihnen Bewerbungen peinlich sind

Leichter zum neuen Job: Das hilft, wenn Ihnen Bewerbungen peinlich sind Mediencoach Attila Albert

Viele Medienprofis empfinden Bewerbungen als unangenehm – etwa, wenn man sich selbst vorstellen und ein Wunschgehalt nennen muss. Mediencoach Attila Albert verrät Strategien, wie man sich nicht selbst im Weg steht.

Berlin – Selbst Medienprofis mit langjähriger Berufserfahrung fühlen sich vielfach unwohl, wenn es eine Bewerbung zu schreiben gilt. Wie Anschreiben und Lebenslauf heute formal aussehen sollten, lässt sich im Zweifel schnell mit einer Google-Suche feststellen. Wie aber stellt man sich selbst als Bewerber am besten vor und begründet, dass man der bzw. die Richtige für die Stelle wäre? Das fühlt sich für manchen schnell nach peinlicher Prahlerei an. Als würde man faktisch zur Hochstapelei gezwungen, um überhaupt eine Chance zu haben.

 

Das gilt auch für die Gehaltsvorstellung, die oft schon im Anschreiben genannt werden soll. Denn gerade sie reflektiert, neben dem Marktwert, das eigene Selbstbild. Beispiel: Ein verantwortlicher Redakteur bei einer Tageszeitung mit mehr als zehn Berufsjahren verdient üblicherweise 65.000 bis 75.000 Euro im Jahr, in der Praxis wohl eher 55.000 bis 90.000 Euro. Zahlt sich bei der eigenen Forderung nun eher Bescheidenheit oder Großspurigkeit aus – und was tun, wenn man persönlich eigentlich ein bescheidener Mensch ist?

 

Bei all diesen Unklarheiten verzichtet mancher lieber ganz auf die Bewerbung oder verschleppt sie so lange, bis es zu spät ist. Andere bewerben sich zwar, aber übervorsichtig, mit umständlichen Erklärungen und unnötigen Rechtfertigungen. In diesen Fällen denkt der Arbeitgeber nach einem kurzen Blick oft: Hier ist jemand, der selbst nicht weiß, was er will – und sortiert aus. Dabei hilft Ihnen das Umdenken schon an einer Stelle, Bewerbungen nicht mehr allzu persönlich zu nehmen.

Denken Sie nicht zu sehr aus Ihrer Perspektive

 

Gerade besonders reflektierte Menschen stellen sich vor Bewerbungen unzählige Fragen, die sie selbst belasten: Was werden die anderen von mir denken? Mache ich mich nicht lächerlich oder zumindest sehr angreifbar, wenn ich mich offensiv selbst anpreise? Bin ich überhaupt gut genug? Meine Empfehlung: Denken Sie nicht zu sehr von sich ausgehend ("Das bin ich, dafür stehe ich, und das sind meine Stärken"). Denn so fühlt sich jede Bewerbung bzw. die Reaktion darauf wie ein Urteil über Sie als Mensch an.

 

Sehen Sie die Probleme des Arbeitgebers

Denken Sie stattdessen vom potentiellen Arbeitgeber aus. Betrachten Sie ihn wie einen ratlosen Kunden, der Hilfe braucht. Denn er hat ein Problem, das er lösen muss. Nur deshalb will er jemanden einstellen und bezahlen. Es geschieht nicht als Gefallen. Achten Sie also vor allem darauf: Welche Herausforderungen erkennen Sie bei ihm und wie können Sie ihm durch Ihre Stärken und Erfahrungen helfen, sie zu bewältigen? Sie verargumentieren also eher einen Lösungsvorschlag, der Sie einschließt.

 

Lernen Sie sich von anderen Berufsgruppen

Nehmen Sie sich dabei ein Beispiel an Berufsgruppen, bei denen Sie der Kunde sind, beispielsweise Ihren Friseur, Zahnarzt oder Klempner. Hier wird klar erkennbar, worum es bei Arbeits- und Auftragsverhältnissen immer geht: Es gibt eine Aufgabe zu erledigen. Der Spezialist dafür nennt Ihnen ohne langes Zieren sein Angebot, die Preise und seine Verfügbarkeit. Dann entscheiden Sie. Wie er „als Mensch” ist, interessiert Sie nur insoweit, als er angenehm, höflich und professionell auftreten soll. Die Kosten – bei Bewerbungen: das Gehalt – ergeben sich aus den üblichen Marktpreisen ohne ewige Verhandlungen.

 

Oft ist der Arbeitgeber selbst noch unklar

Wenn Sie einen potentiellen Arbeitgeber betrachten, als wäre er ein ratloser Kunde, nehmen Sie auch eine Absage weniger persönlich. Eventuell ist er noch gar nicht bereit für eine Lösung (besetzt die Stelle z.B. plötzlich doch nicht oder nur intern), erkennt sein eigenes Problem nicht oder will in eine Richtung, die nicht zu Ihnen passen würde. Diese Perspektive gibt Ihnen Souveränität und Stärke. Es geht nicht um Sie, sondern um ein geschäftliches Angebot, das für beide passen muss, damit es eine Chance auf Erfolg hat.

 

Lassen Sie Ihre Bewerbung gegenlesen

Als Coach prüfe ich – auf Wunsch – regelmäßig vorab die Bewerbungen und Lebensläufe von Klienten. Es empfiehlt sich immer, sie von einer fachkundigen Person gegenlesen zu lassen. Gerade, wenn Sie wegen langer Festanstellung oder Selbstständigkeit nicht mehr viel Routine damit haben. Ist die Form optimal (z.B. idealerweise ein Kurzprofil zu Beginn des Lebenslaufes, übersichtliches Layout), sind die Aussagen schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend – und natürlich, ist der Text ohne Rechtschreibe- und Tippfehler.

 

Eine Bewerbung hat zunächst nur ein Ziel: Interessant genug zu sein, damit Sie zu einem Gespräch eingeladen werden. Sie ist also eher ein Teaser als die umfassende Analyse, die jede Frage beantwortet und Sie in allen beruflichen und persönlichen Facetten vorstellt. Dafür ist in späteren Gesprächen immer noch Zeit. Daher gilt für das Anschreiben: Nur Argumente (2-3 Absätze), die sich auf die Stelle beziehen. Warum interessieren Sie sich dafür, was qualifiziert Sie fachlich und persönlich, um das für Sie erkennbare Problem des Arbeitgebers anzugehen? Am Ende der "Call-to-Action": Die Frage nach einem Termin.

 

Mit diesem Ansatz kann es bald sogar Spaß machen, sich zu bewerben. Weil es dann nicht mehr um alles geht, etwa gleich um Ihren Wert als Mensch, sondern um einen offenen, interessierten Austausch auf Augenhöhe. Immer mit dem möglichen Ergebnis, dass es diesmal für eine Seite (oder beide) nicht passt. Gleichzeitig erhält die einzelne Bewerbung nicht mehr solch ein übermäßiges Gewicht, wenn Sie sich ausreichend oft bewerben. Das übt Ihre Routine und führt Sie langfristig in eine Position, in der Sie persönlich mit Ihren Ideen gebraucht und geschätzt werden.

 

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Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.

 

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