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Schlechte Stimmung im Job: 5 Fragen klären, ob Sie bleiben sollten

Schlechte Stimmung im Job: 5 Fragen klären, ob Sie bleiben sollten Attila Albert

Das Betriebsklima, die menschlichen Qualitäten und sozialen Kompetenzen von Chefs und Kollegen sind den meisten Medienprofis wichtig. Trotzdem nehmen sie dabei vieles hin – und oft zu lange. Mediencoach Attila Albert nennt fünf Fragen, die zu mehr Klarheit und Konsequenz verhelfen.

Berlin – Manchmal sehnte sich eine Redakteurin, Anfang 50, nach den früheren Zeiten zurück. Damals war im Verlag auch nicht alles perfekt, aber sie erinnerte sich, dass in der Redaktion immer viel gelacht wurde. Man probierte Neues aus, zog andere bei Fehlern auf, half sich dann aber – und ging abends oft noch zusammen etwas trinken. Heute erschien ihr die Atmosphäre krampfhaft jugendlich, dahinter aber angespannt und falsch. Betrat jemand das Zimmer, verstummten die Gespräche. War jemand nicht da, wurde über ihn gelästert. Sie spürte, dass sie selbst misstrauischer und pessimistischer wurde.

 

Die Stimmung im Unternehmen ist für die wenigsten Medienprofis das Hauptkriterium bei der Frage, ob sie eine Stelle annehmen bzw. behalten sollten. Langfristig aber hat sie einen tiefgreifenden Einfluss auf Lebensglück und -qualität. Schließlich verbringt man mit den Chefs und Kollegen mehr wache Zeit als mit dem Partner und der Familie. Es gibt überall Phasen mit einer angespannterer Stimmung, etwa während wirtschaftlich schwierigen Zeiten oder bei Problemen mit einem Projekt. Aber gerade im Umgang damit unterscheiden sich die menschlichen Qualitäten und sozialen Kompetenzen.

 

Zwar hat jedes Medienhaus seinen eigenen Stil, der nicht zu jedem passt. Wenn Sie aber feststellen, dass die Stimmung um Sie herum Sie belastet, können Ihnen fünf Fragen dabei helfen, Ihre Einschätzung dazu zu klären und Ihre Konsequenzen zu ziehen: Ob Sie das weiter hinnehmen wollen – oder es Zeit für einen Wechsel wird.

 

1. Was empfinden Sie als angenehm?

Zuerst einmal erkennen Sie schon an der Überlegung, dass Ihnen gute Stimmung wichtig ist. Das heißt nicht, dass Sie sich ein Leben ohne Probleme erträumen. Aber Ihnen ist dann wichtig, dass Herausforderungen zuversichtlich und gemeinsam angegangen werden. Dass es nicht vor allem darum geht, Schuldige zu benennen und sich selbst abzusichern, sondern das Mögliche zu versuchen und sich zu unterstützen. Dabei auch in schwierigen Situationen mal lachen zu können und sich angenommen zu fühlen.

 

2. Mögen Sie Ihre Chefs und Kollegen?

Dieser Wunsch führt unweigerlich dazu, dass nicht jeder Vorgesetzte oder Kollege zu Ihnen passt. Ständig niedergeschlagene, hoffnungslose Menschen ohne Entschluss- und Tatkraft sind nicht mit dem Wunsch nach einer guten Stimmung zu vereinbaren. Ebenso nicht diejenigen, die aggressiv auftreten, sich auf Kosten anderer durchsetzen und nur kritisieren. Versuchen Sie nicht, solche Mitmenschen zu retten oder umzuerziehen. Akzeptieren Sie, dass jeder sein darf, wie er will. Nur müssen Sie sich das nicht antun.

 

3. Gehen Sie gern zur Arbeit?

Als drittes ergibt sich daraus, verstärkt auf die Unternehmenskultur und das Betriebsklima zu achten. Natürlich behauptet heute jeder Arbeitgeber von sich, dass ihm „die Menschen“ am wichtigsten wären, verbunden mit den üblichen gefälligen Attributen wie „wertschätzend“, „respektvoll“, „fair“. Aber wie fühlt sich die Realität im Büro für Sie an: Gehen Sie gern zur Arbeit, freuen Sie sich auf die Chefs und Teamkollegen? Was geschieht, wenn Sie einen Fehler gemacht haben oder überlastet sind? Es muss nie für alle passen, aber für Sie.

 

4. Wie hat der Job Sie verändert?

Daraus folgt, da keiner unabhängig von seiner Umwelt ist, die Frage: Wie haben Sie sich verändert, seit Sie an aktueller Stelle arbeiten? Denn natürlich prägen die täglichen sozialen Kontakte Sie – die offenen Anforderungen und subtilen Signale von den anderen, was wünschenswert ist und was nicht. Sind Sie zuversichtlicher und stärker geworden, haben Sie mehr Freude am Leben und entwickeln sich weiter? Oder sind Sie im Vergleich zu früher besorgter und erschöpfter, misstrauischer oder insgeheim sogar verletzt?

 

5. Was bemerken Sie an Ihrem Verhalten?

Schließlich empfiehlt sich der Blick auf Ihr alltägliches Verhalten, denn es spiegelt Ihre Arbeits- und Lebensumstände wider. Verwenden Sie viel darauf, ständigen Stress sowie äußere und innere Konflikte zu bewältigen und wieder abzubauen (z. B. durch ein überzogenes Konsumverhalten, Social-Media-Streitereien, Sport oder Meditieren speziell für diesen Zweck, Alkohol)? Oder ist das gar nicht nötig, weil Sie zwar viel zu tun haben, aber weder ständig überlastet und gestresst sind noch sich menschlich unwohl fühlen?

 

Selbstverständlich hat sogar der beste Job seine herausfordernden Seiten, konfrontiert Sie mit persönlichen Grenzen und zeigt Ihnen auch die Schwächen Ihres Arbeitgebers, ihrer Chefs und Kollegen. Dafür sollte er mindestens angemessen bezahlt und ausgestattet sein (z. B. vernünftiges Büro mit funktionierender Technik, gelegentliche Firmen- und Teamveranstaltungen und Weiterbildungen, geldwerte Extras). Aber er wird wesentlich leichter und angenehmer, wenn Sie sich am Arbeitsplatz menschlich gut verstehen.

 

Gute Stimmung kostet nichts, erfordert aber Charakter (z. B. eigene Fehler eingestehen und vergeben können), Disziplin und soziale Kompetenzen (z. B. nicht jede Verärgerung sofort weiterzugeben, über Probleme auch lachen können). Das lässt sich zu einem gewissen Grad lernen, aber das kann jeder nur für sich tun. Verlieren Sie selbst keine Zeit mit der Hoffnung, dass sich andere ändern, weil Sie es sich wünschen. Den ersten Schritt werden meistens Sie machen müssen – und das kann manchmal bedeuten, sich ein angenehmeres Umfeld mit netteren, verständigen Menschen zu suchen.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Öffentlich Haltung zeigen – wie viel private Meinung erlaubt der Job?

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.