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Umstrukturierung: Wie Medienprofis sich neu motivieren, wenn der alte Job wegfällt

Umstrukturierung: Wie Medienprofis sich neu motivieren, wenn der alte Job wegfällt Attila Albert

Wenn eine Redaktion aufgelöst oder ein Titel eingestellt wird, bedeutet das für die Mitarbeiter häufig einen langen Abschied auf Raten. Dabei fällt es vielen schwer, sich für einen persönlichen Neuanfang zu motivieren und ihn aktiv anzugehen. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie es schaffen.

Berlin –  Kürzlich besuchte ich eine Redaktion, die seit Längerem weiß, dass sie zum Jahresende aufgelöst werden wird. Alle Kollegen erledigten weiterhin routiniert ihre Aufgaben, viele waren seit Jahrzehnten dabei. Aber hier und da ergaben sich kurze Gespräche, die Enttäuschung über die Unternehmensleitung und Verbitterung über die Branche erkennen ließen, dazu Unsicherheit über die eigene Zukunft. Manche tröstete der Gedanke an die Frührente, andere hofften, dass ihre Bewerbungen anderswo erfolgreich sein würden.

 

Da waren nun all diese erfahrenen Journalisten und weiteren Mitarbeiter der Redaktion, die schon so vieles erreicht und erlebt hatten. Doch das bevorstehende Ende des Gewohnten überforderte die meisten, die seit langem Angestellte oder Pauschalisten des Medienhauses waren. Nur wenige hatten eine echte Idee, wie es für sie weitergehen könnte. Auf den neuen Lebensabschnitt, wenn er auch ungewollt kam, schien sich gar niemand zu freuen. Doch diese Art von Umstrukturierung ist nicht selten. Deshalb heute einige Gedanken dazu.

 

Langsame Abschiede sind oft schwieriger
Das ungewollte Ende eines beruflichen Kapitels ist schmerzlich genug – manchmal umso mehr, wenn man früh davon erfährt und das langsame, schrittweise Aus miterleben muss. Das Management packt nichts mehr an, was die Lage doch noch herumreißen könnte, lässt nur noch das Alltagsgeschäft abwickeln. Die ersten Kollegen, die etwas Neues gefunden haben, verabschieden sich. Schreibtische und Schränke werden ausgeräumt, bald ganze Zimmer. Für diejenigen, die noch dabei sind, ist es ein Abschied auf Raten.

 

Solch eine berufliche Situation zieht auch den Stärksten leicht runter. Jeder Tag – und jeder Blick in die Redaktion, die sich zunehmend leert und verlottert – erinnert einen an den Verlust. Man denkt an die schönen Momente und Erfolge der Vergangenheit zurück, an Kollegen, die nicht mehr da sind. Ist wütend auf die Geschäftsführung, ärgert sich über nicht mehr genutzte Chancen. Doch das Ende ist beschlossen und unausweichlich, was oft zu Hilflosigkeit und Resignation führt: „Wir können ja sowieso nichts mehr ändern.‟

 

Lebensplanung über die Rente hinaus
Bei älteren Medienprofis ist die Versuchung groß, damit auch gleich die gesamte Karriere abzuschließen. Wenn es den aktuellen Job zukünftig nicht mehr geben wird, man zudem von der Art und Weise des Endes enttäuscht ist, erscheinen Altersteilzeit und Frührente als verlockende Ausstiegsoptionen. Andere nehmen, was sie noch finden können, ohne vorher einmal über ihre weitere Lebensplanung nachzudenken. Wechseln etwa in die PR, weil der Journalismus „kaputtgespart‟ worden sei, obwohl sie das nie wollten.

 

Grundsätzlich gilt: Veränderungen gehören zum Berufsleben. Immer wieder endet ein Kapitel – ein einzelnes Projekt, ein bestimmter Job, die Existenz eines Titels oder sogar eines ganzen Unternehmens. Nur so ist es möglich, dass Neues beginnt. Doch gerade langjährig Angestellten ist vielfach das Gefühl für diese Realität verloren gegangen, ebenso die Zuversicht, damit umgehen zu können. Vielleicht wollten sie schon „irgendwann mal was anderes machen‟, jedoch zu einem undefinierten Zeitpunkt, der nie kam.

 

Negative Gefühle überwinden
Viele empfinden es als hilfreich, ihre Gefühle und Gedanken – Trauer, Enttäuschung, Wut – einmal auszusprechen (z. B. mit einem Mentoren, Coach oder Therapeuten). Hat man sich emotional erleichtert, ist man eher bereit, darüber nachzudenken, ob dieses ungewollte Ende eventuell auch einige Vorteile für einen haben könnte. Zum Beispiel: Es zwingt Sie zu einer Veränderung, die Sie sich sonst nie getraut hätten. Sie erhalten eine Abfindung, die Sie bei einer eigenen Kündigung nicht bekommen hätten, schon gar nicht in der Höhe.

 

Im Idealfall nutzen Sie die Chance, Ihr weiteres Berufs- und Privatleben stärker danach auszurichten, was Ihnen heute entspricht und wichtig ist. Setzen sich ehrgeizigere Ziele, als „schnell etwas zu finden‟, „irgendwo unterzukommen‟. Die Rentenalter sollte dabei für die Älteren kein gedankliches Endziel sein, bis zu dem Sie es „noch schaffen‟ müssen. Man kann sich mit 40 und 50, aber auch mit 60 oder 65 Jahren spannende, aufregende neue Ziele setzen – gerade dann, wenn die einzelnen Lebensjahre wertvoller werden.

 

Zukunftsplanung statt Fluchtfantasien
Entscheidend dafür ist es, in den bleiernen letzten Monaten des alten Jobs aktiv zu werden. Sich nicht mit Fluchtfantasien – Urlaube, Sabbaticals, Frührente – zu trösten, sondern auf die Gestaltung des nächsten Lebensabschnitts zu konzentrieren. Wie wollen Sie nun leben und arbeiten, was eventuell noch ausprobieren und erleben? Daraus ergibt sich, welche praktischen Schritte dafür notwendig wären, vom gezielten Netzwerken und Weiterbildungen bis zu professioneller Beratung (z. B. für eine Umorientierung oder Selbstständigkeit).

 

Vielleicht denken Sie nur fünf Jahre voraus, vielleicht deutlich länger. In jedem Fall ist vieles noch möglich. Im Rückblick würden Sie es bereuen, die Gelegenheit nicht genutzt zu haben. Kriterien bei der Entscheidung sollten – neben dem Notwendigen wie dem Einkommen – Begeisterung, Freude, Spaß, Leidenschaft und Sinnhaftigkeit sein. Möglicherweise haben Sie das, wenn Sie darüber nachdenken, in Ihrem alten Job schon lange vermisst. Dann ist der erzwungene Abschied sogar ein Ausweg und überfälliger Neuanfang.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Mehr Charisma

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.