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Unzufrieden im Job: So finden Medienprofis die Hoffnung, dass es wieder besser wird

Unzufrieden im Job: So finden Medienprofis die Hoffnung, dass es wieder besser wird Attila Albert

Langjährige unzufriedene Angestellte schieben viele praktische Hindernisse vor, die eine Verbesserung angeblich unmöglich machen. Doch vor allem fehlen ihnen Zuversicht und der Glaube an ihre eigenen Fähigkeiten. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie sich neue Chancen eröffnen.

Berlin – Eine langjährige Magazinredakteurin verstand sich selbst nicht mehr. Ständig hatte sie neue Heftausgaben zu füllen, was sie stresste, gleichzeitig anödete. Sie fand ihre Chefredakteurin unerträglich und teilte auch deren journalistischen Ansichten nicht. Trotzdem suchte sie nur halbherzig nach einer anderen Stelle. Stattdessen sah sie bei jeder Ausschreibung sofort die möglichen Probleme, schloss auch eine Selbstständigkeit kategorisch aus und nahm sich ebenso nie Zeit zum Netzwerken. Sabotierte sie sich selbst, wollte sie gar nicht weg?

 

Unentschlossenes Zögern ist typisch für langjährige unzufriedene Angestellte. Sie sind an die relative Sicherheit ihrer aktuellen Stelle gewöhnt – an Aufgaben, die sie nicht mehr wirklich herausfordern, an das monatlich erwartbare Gehalt, den Jahresurlaub. Ihnen sind auch Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft und Risikofreude abhandengekommen. So erscheint ihnen jede mögliche Veränderung als eigentlich zu riskant: „Wäre es woanders wirklich besser“, „eine Probezeit riskieren“, „noch einmal umziehen, mit Familie?“

 

Zwar sind alle praktischen Hindernisse unbestreitbar, am Ende aber doch vorgeschoben. Im Kern geht es um die Angst vor Veränderung, auch vor einem möglichen Scheitern mit seinen Konsequenzen. Aber was wäre die Alternative – bis zur Rente warten oder bis zur nächsten Umstrukturierung, wenn dann andere für einen entscheiden? Nachvollziehen kann ich die Bedenken, ich war auch einmal 20 Jahre beim selben Arbeitgeber angestellt. Jeder trägt familiäre und finanzielle Verantwortung, keiner will unkalkulierbare Risiken eingehen.

 

Trotzdem muss natürlich niemand ewig in solch einem Wartezustand verharren, nur noch durchhalten, was er gar nicht mehr möchte. Daher nachfolgend einige Anregungen, wie es auch anders geht. Wenn Sie bereits mit meinem Nervensägen-Ratgeber arbeiten: Es handelt sich dabei um den „schlaffen Zögerer“, Typ 3 im Buch. Er weiß genau, was er nicht will, schafft es aber nicht, sich selbst Ziele zu setzen und sie zu verfolgen: „Ich überlege noch, das muss reifen.“ Das kann Jahre dauern, in denen er unentschlossen und passiv bleibt.

 

Wieder Priorität für die eigenen Bedürfnisse
Der erste Schritt, sich von all dem zu befreien, ist ein Erinnern an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse: Was wollen Sie eigentlich, was brauchen Sie? Wer jahrelang vor allem für andere funktioniert hat, sich immer zuerst um den Arbeitgeber, den Partner und die Kinder gekümmert, muss da bewusst umdenken. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern ist ein Teil normaler Selbstfürsorge. Nur, wenn Sie auf sich achten, können Sie auch langfristig für andere da sein. Notieren Sie sich am besten 4-5 Dinge, die Sie nun endlich wollen.

 

Etwas wagen, das Ihnen Freude macht
Wenn Pflichterfüllung zum Lebensmodell geworden ist, unterbrochen nur von Urlauben als gelegentlichem Ausgleich, müssen Sie auch anderweitig umdenken: Sie dürfen sich auf etwas konzentrieren, das Ihnen Freude macht – Sie anregt, belustigt, interessiert. Das gilt bei Medienprofis für konkrete Themenfelder und Aufgaben. Beispiel: Sie interviewen und schreiben gern. Dann akzeptieren Sie nicht mehr, ständig für den Newsdesk eingeteilt zu werden, sondern fordern entsprechende Aufgaben ein oder suchen sich selbst welche.

Eine echte neue Herausforderung suchen


Wir wissen alle, dass die angebliche Suche nach einer „neuen Herausforderung“ häufig nur ein klangvolles Synonym für Arbeitssuche ist. Aber überlegen Sie, was für Sie eine echte Herausforderung im positiven Sinne wäre: Was wollen Sie, mit all Ihren Erfahrungen, noch einmal lernen oder ausprobieren? Für den einen sind das vielleicht die Grundlagen von Daten-Journalismus oder KI-Anwendungen, für den anderen das erste Buch oder ein kleiner PR-Nebenjob. Auch hier gilt: Erlauben Sie sich das „Lust-Prinzip“ im Beruf.

 

Vertrauen, dass es immer Hoffnung gibt
Spreche ich mit langjährigen unzufriedenen Angestellten, kommt nach vielen sachlichen Einwänden einmal ein Moment der Verletzlichkeit: Sie fragen, ob es für sie überhaupt noch Hoffnung gäbe. Diese Frage enthüllt einen weiteren tieferliegenden Grund für all das Zögern, nämlich mangelnde Zuversicht und wenig Zutrauen in die eigene Kraft und in die eigenen Fähigkeiten. Hier sollten Sie es sich zur Grundüberzeugung machen, dass es immer Hoffnung gibt, selbstverständlich auch für Sie und so lange Sie leben.

 

Keiner sollte desillusioniert und hoffnungslos durchs Leben gehen, weil er damit nichts besser machen, sich aber viele Möglichkeiten verstellen würde. Gerade in schwierigen Phasen (z. B. beruflliche Krise, anstehende Scheidung, Krankheit) ist der Glaube daran entscheidend, dass es auch wieder besser werden wird. Überprüfen Sie also, ob Sie sich Zuversicht und Hoffnung bewahrt haben: Sprechen Sie nicht vor allem von Problemen und Hindernissen, sehen Sie nicht alles nur noch düster und sinnlos?

 

Auch nach vielen Berufsjahren können Sie immer wieder etwas Neues anfangen, gemeinsam mit jüngeren Kollegen etwas ausprobieren, was Sie bisher nicht kannten oder sich noch nicht getraut haben. Sie können im Medienbereich oder in angrenzenden Branchen (PR, Kommunikation) noch einmal eine neue Karriere starten – oder auch einen ganz anderen Weg einschlagen. Zögern und warten Sie nur nicht ewig, denn Sie würden später bereuen, unnötig wertvolle Lebensjahre damit vergeudet zu haben.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Schlechte Stimmung im Job

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.