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Wie man als Journalistin und Journalist mit kniffligen Macht-Fragen im Büro umgeht

Wie man als Journalistin und Journalist mit kniffligen Macht-Fragen im Büro umgeht Mediencoach Attila Albert

Wer seinen Vorgesetzten für zögerlich oder inkompetent hält, übernimmt häufig ungefragt dessen Rolle, um die Lage zu verbessern. Drängt zu Entscheidungen, gibt Anweisungen und führt, „weil es ja sonst keiner tut“. Das führt bald zu Konflikten. Mediencoach Attila Albert über Auswege.

Berlin – Eine Redakteurin ärgerte sich schon seit längerem über ihre Ressortleiterin. Sie fand, dass sie die Redaktion häufig sich selbst überließ und nicht merkte, wie ungleich die Arbeit verteilt war. Einige Kolleginnen in Teilzeit schienen ihr nachlässig zu arbeiten, und so besserte sie – an deren freien Tagen – regelmäßig Artikel von ihnen nach oder stellte sie überhaupt erst fertig. Dafür wurden ihre eigenen Beiträge oft verspätet fertig, was ihre Chefin bereits mehrmals kritisiert hatte. Die Redakteurin hatte sich eine Beförderung oder Prämie für ihren Einsatz erhofft, bekam aber stattdessen Abzüge bei der Jahresbewertung. Sollte Sie kündigen?

 

Wer mit seinem Vorgesetzten unzufrieden ist, übernimmt häufig ungefragt dessen Rolle, um die Lage zu verbessern. Drängt zu Entscheidungen, gibt Anweisungen und bewertet die Kollegen, „weil es ja sonst keiner tut“. Zwar wird oft gefordert, dass man als Mitarbeiter „Verantwortung übernehmen“ solle. Praktisch rächt es sich meist, seinen Chef „von unten führen“ zu wollen. Ihn also mehr oder weniger sanft zu etwas zu drängen, was er nicht will, oder es gleich selbst zu erledigen. Das kann sogar zu einer Abmahnung oder Entlassung führen, wenn Sie etwa unautorisierte über Budgets verfügen oder dienstliche Unterschriften leisten (z.B. Reise- oder Spesenanträge selbst unterzeichnen).

 

Vertragliche Regelungen gehen im Zweifel vor

Grundsätzlich gilt: Ihr Vorgesetzter ist Ihnen übergeordnet und weisungsbefugt, auch wenn der Umgangston noch so locker ist und Sie nach Feierabend gelegentlich etwas zusammen trinken gehen. Im Zweifel geht immer die Hierarchie vor, wie Sie im Arbeitsvertrag, in der Stellenbeschreibung und in den Jahreszielen (wenn vorhanden) festlegt ist. Wer das ignoriert, muss oft sehr überrascht feststellen, dass der vermeintlich partnerschaftlich führende Chef recht autorität werden kann. Sehen Sie solch eine Lage also realistisch: Als Mitarbeiter sind Sie nicht der Chef, was auch heißt, dass Ihre Verantwortung begrenzt ist.

 

Falsch organisiert: Verantwortung begrenzen

Wenn Sie meinen, dass die Arbeit im Team falsch organisiert ist, können Sie Vorschläge zur Verbesserung machen. Das sollte aber nicht so weit gehen, dass Sie – aus Frust, weil sich nichts ändert – eigenmächtig die Führung des Teams übernehmen. Ihr Chef würde sich das schnell verbitten, Ihre Kollegen würden Ihnen überzogenen Ehrgeiz vorwerfen („spielt sich auf“). Meist vernachlässigen Sie mit diesem Verhalten auch Ihre eigentlichen Aufgaben, weil Sie sich ohne Auftrag um alles andere kümmern, und überlasten sich damit langfristig.

Was Sie tun können: Haben Sie einen dauerhaften Missstand im Team erkannt (z.B. ungleiche Arbeitsbelastung, ungeklärte Abläufe), könnten Sie einen Workshop anregen. Wichtig ist, dass Sie immer wieder an Ihren Chef zurückgeben – er hat die Verantwortung.

 

Keine Entscheidungen: Maximal zwei bis drei Versuche

Möglicherweise weicht Ihr Chef bestimmten Entscheidungen immer wieder aus, auf die Sie drängen. Dann haben Sie allerdings bereits seine Antwort, wollen sie nur nicht akzeptieren. Er möchte nicht entscheiden, weil er die Sache nicht für wichtig, dringend oder aktuell lösbar hält. Sie mögen das anders sehen und unter den Folgen leiden. Allerdings rächt es sich für Sie, wenn Sie mehr als zwei- oder dreimal darauf zurückkommen: Sein Widerstand wird mit Ihrem Drängen zunehmen, bald wird er Ihnen eher einen „anmaßenden Ton“ vorwerfen.

Was Sie tun können: Stellen Sie Ihre Argumente und die Abwägung der Gegenargumente zusammen, mit Daten begründet und am besten schriftlich. Geht er auch darauf nicht ein, sollten Sie es dabei belassen – und sich auf Ihre Konsequenzen konzentrieren.

 

Zweifel an Kompetenz: Fachkundiges Feedback einholen

Halten Sie Ihren Chef für inkompetent, sollten Sie das nicht offen aussprechen, denn dann gibt es kaum noch eine gemeinsame Basis. Allerdings wird Ihre Meinung auf Dauer auch nicht verborgen bleiben, weil Sie sich durch bissige Bemerkungen etc. doch verraten. Klären Sie deshalb für sich, was genau Sie stört. Fachliche Schwäche? Muss kein Problem sein, wenn er dafür Führungsqualitäten hat. Aus Ihrer Sicht auch nicht vorhanden? Dann sollten Sie, wenn Sie sich für besser als er halten, verstärkt selbst auf Führungspositionen bewerben.

Was Sie tun können: Holen Sie fachkundiges Feedback ein (z.B. von einem Mentoren oder Coach), um sicher zu sein, dass Sie sich nicht irren. Trost von Partnern oder Freunden tut zwar gut, kann aber – mit den besten Absichten – eine Fehleinschätzung bestätigen.

 

Fehlender Respekt: Basis überdenken

Können Sie Ihren Vorgesetzten nicht ernst nehmen, weil er beispielsweise wesentlich jünger und unerfahrener als Sie ist, können Sie aus praktischen Gründen (z.B. Gehalt, sichere Stelle) natürlich trotzdem bleiben. Auf Dauer wird solch eine Konstellation allerdings meist als ungerecht empfunden und frustriert. Denn die naheliegende Frage ist: Warum bin ich hier nicht der Chef? Die Gründe können außerhalb Ihres Einflussbereiches liegen oder gar nichts mit Ihrer Leistung zu tun haben, wenn der Arbeitgeber beispielsweise generell „jünger werden“ oder Lohnkosten senken will.

Was Sie tun können: Ehrlich darüber nachdenken, warum Sie nicht der Chef sind – fragen Sie Vertrauenspersonen, die Sie und Ihre Lage kennen. Häufig liegt es wirklich nicht an der Qualifikation, aber an fehlendem Mut und Entschlusskraft zu einem notwendigen Wechsel.

 

Anhaltende Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten verbirgt eine unterschwellige Rivalität und ist oft eigentlich ein Erfolgszeichen: Sie sind aus Ihrer aktuellen Stelle herausgewachsen, haben sich also weiterentwickelt, nur danach noch nicht entsprechend verändert (z.B. die Stelle gewechselt oder sich selbstständig gemacht). Wer sich genauer mit den Ursachen beschäftigt, merkt bald, dass es gar nicht hauptsächlich um die vermeintlichen oder echten Mängel des Vorgesetzten geht. Sondern darum, welche Konsequenzen für Sie nun daraus folgen.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: So können Journalisten ihr Einkommen steigern

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.

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