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Wie Medienprofis wieder gern ins Büro gehen

Wie Medienprofis wieder gern ins Büro gehen Attila Albert

Spaß an der Arbeit ist ein wichtiger Faktor für die berufliche Zufriedenheit und die generelle Lebensqualität. Karrierecoach Attila Albert sagt, warum Spaß am Beruf eine Priorität sein sollte und wie Sie ihn wiederfinden können.

Berlin – Kürzlich sprach ich mit einer Journalistin über verschiedene Aspekte ihrer Arbeit, aber auch über die schwierige Vereinbarkeit mit ihren privaten Herausforderungen. In dem Gespräch sagte sie dreimal diesen Satz: „Das macht einfach keinen Spaß mehr.” Sie hatte klar die Freude an ihrer Arbeit verloren. Tatsächlich geht es bei beruflicher Unzufriedenheit nicht nur um Faktoren wie das Gehalt, Arbeitsinhalte und Aufstiegschancen. Sondern auch darum, ob es überhaupt noch Spaß macht. Ob man also gern, mit einer gewissen heiteren Leichtigkeit, zur Arbeit geht – ohne Selbstzweifel, ob man das überhaupt darf.

 

Haben Sie Spaß bei der Arbeit, freuen Sie sich auf die anstehenden Aufgaben, auf die Chefs und Kollegen, aber auch auf die Nutzer bzw. Kunden. Gemeinsam geht man die Herausforderungen an, ist stolz auf das Erreichte, redet und lacht viel. Auch schwierige Situationen ändern das nicht, sie werden als normal empfunden und zusammen gelöst. Ihr Gehalt empfinden Sie nicht als Schmerzensgeld, sondern als normale Entlohnung für Ihre Tätigkeit, die für sich bereits bereichernd ist – und Sie mit kompetenten, sympathischen Menschen zusammenbringt. Ist das dauerhaft nicht der Fall, sollten Sie etwas ändern.

 

Herausfinden, warum es keinen Spaß mehr macht
Häufig sind es mehrere Gründe gleichzeitig, die dazu führen, dass die Arbeit keinen Spaß mehr macht. Das können betriebliche Umstände sein (z. B. unangenehmer Chef, personelle Unterbesetzung), das aktuelle Stellenprofil (z. B. keine Zeit mehr für eigene Recherchen, keine Perspektive) oder auch persönliche Gründe (z. B. veränderte Interessen, abgelenkt durch private Sorgen). Notieren Sie sich in einer Tabelle mit drei entsprechenden Spalten, was Sie beruflich unzufrieden macht. Vermerken Sie bei jedem Punkt, was Sie ändern könnten und was Sie als gegeben hinnehmen müssen. Das schafft Klarheit.

 

Darauf konzentrieren, was Sie verbessern können
Oft weicht, wer keinen Spaß mehr bei der Arbeit hat, einer Lösung allerdings lange aus. Bucht lieber den nächsten Urlaub statt eine Karriereberatung oder Weiterbildung, beklagt sich und kritisiert andere, anstatt selbst etwas zu verändern. Oft aus der Wahrnehmung heraus, dass man ja nichts ändern könne, und weil bisher kein besserer Job in Sicht ist. Gleichwohl gibt es immer etwas, das Sie angehen können und das sich mittelfristig auszahlen wird. Beispiel: Ihr Netzwerk ausbauen, indem Sie mehr interessanten, nette Branchenkollegen treffen, was für sich schon Spaß macht und Ihre Karrierechancen erhöht.

 

Sich erlauben, dass Arbeit auch Spaß machen darf
Möglicherweise ist Ihnen aber überhaupt noch nicht in den Sinn gekommen, dass Spaß bei der Arbeit eine Priorität sein sollte. Oder Sie haben diese Vorstellung bisher als unseriös und leichtlebig abgelehnt: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!‟ Sich vielleicht sogar schuldbewusst gefühlt, wenn es „zu gut‟ lief, weil danach bestimmt „etwas passieren‟ müsse. Überdenken Sie diese Überzeugungen („Glaubenssätze‟): Welche Vorbilder oder Erfahrungen haben Sie dazu gebracht – und haben sie sich bewährt? Gespräche mit einem Mentor, Coach oder Therapeuten können Sie dabei unterstützen, hier umzudenken.

 

Daran erinnern, was einem Spaß gemacht hat
Manchmal muss man auch viele Jahre zurückblicken, um sich (wieder) daran zu erinnern, was einem beruflich einmal Spaß gemacht hat. Oft waren wichtige Faktoren, dass man Neues ausprobieren und dazulernen konnte, dann direkt konkrete Erfolge sah (z. B. den ersten veröffentlichten Beitrag). Gelegentlich wollen Medienprofis wieder an diese Phase anknüpfen, beispielsweise wieder mehr draußen unterwegs als im Newsroom sein. Andere wünschen sich den Wechsel von der Fach- zur Führungskraft, also vom operativen zum strategischen Arbeiten. Überlegen Sie für sich, was Ihnen jetzt Spaß machen würde.

 

Beim Vorstellungsgespräch aufmerksam sein
In Stellenanzeigen behaupten heute die meisten Arbeitgeber, dass es Spaß mache, bei ihnen zu arbeiten. Konkret erwähnt werden oft: Moderne, wohnliche Büroeinrichtung, keine Kleiderordnung („Dresscode”), regelmäßige Veranstaltungen von „After-Work-Events” bis zur Sommerparty, „ein motiviertes, wertschätzendes Umfeld”. Im Vorstellungsgespräch sollten Sie sich auch danach erkundigen. Achten Sie aber vor allem auf die Atmosphäre und Zwischentöne im Bewerbungsprozess: Wie geht man mit Ihnen um, wie fühlen Sie sich? Das gibt Ihnen eine Ahnung davon, ob das Arbeiten hier Spaß machen würde.

 

Mit freudlosen Chefs oder Kollegen umgehen lernen
Gleichzeitig trifft man an jedem Arbeitsplatz auch Menschen, denen das Arbeiten erkennbar keinen Spaß (mehr) macht. Empathie bringt Sie hier weiter. Angespannte, freudlose Chefs und Kollegen sind häufig einfach überlastet oder verängstigt – und hoffen, durch strikte Selbstkontrolle auch die äußeren Umstände kontrollieren zu können. Spaß ist für sie ein Risiko. Mancher muss erst lernen, loszulassen und darauf zu vertrauen, dass durch Spaß an der Arbeit nicht das Chaos ausbricht, sondern sie leichter und oft sogar erfolgreicher wird. Keinesfalls müssen Sie aber anderen ständig helfen, sie aufmuntern oder beraten.

 

Anderen zeigen, dass es auch mit Spaß geht
Ist das Betriebsklima bei Ihnen unangenehm, können Sie das selbst nur begrenzt ändern, sofern Sie keine übergeordnete Führungsposition haben. In jedem Fall können Sie aber ein Vorbild sein: Selbst freundlich auftreten, lächeln und andere ermutigen, wenn diese überfordert oder schlecht gelaunt sind. Hier zeigen sich Ihre Charakterfestigkeit und grundsätzliche Lebenseinstellung, denn Vorspielen können Sie das nicht lange. Solch ein positives Auftreten kann andere dazu inspirieren, sich ebenso zu verhalten, und neue Mitarbeiter dazu ermutigen, sich gar nicht erst dem bisherigen Umgangsstil anzupassen.

 

Ständige Kritik und Ironie abstellen
Möglichereise tragen Sie auch selbst dazu bei, dass die Arbeit in Ihrem Team wenig Spaß macht. Überprüfen Sie dafür, ob Sie einige der folgenden Verhaltensweisen zeigen: Ständige Kritik an anderen, herabsetzende und verletzende Bemerkungen, Lachen über andere statt mit ihnen, Ironie und Sarkasmus (verdeckter Spott). Darin zeigt sich nicht, dass Sie ein schlechter Mensch sind, aber etwas belastet Sie und bricht auf diese Weise aus Ihnen heraus. Erkunden Sie eventuell mit professioneller Hilfe (z. B. Mentor, Coach), was Sie wirklich bedrückt oder verletzt hat, und gehen Sie das an.

Selbst der beste Job macht nicht jeden Tag Spaß, aber insgesamt an den meisten. Ist das nicht der Fall, sollten Sie nicht länger als ein bis zwei Jahre bleiben. Es ist nicht Ihre alleinige Verantwortung, das Betriebsklima zu verbessern und sich dabei zu erschöpfen. In einem Umfeld, in dem es von Anfang an passt, arbeiten Sie gleich mit mehr Freude und Erfolg.

 

Zur vergangenen Kolumne: Mit Anfang 50 raus aus der Medienbranche?

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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