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Beruflich überlastet: 10 Anzeichen, dass Sie mehr Hilfe brauchen

Beruflich überlastet: 10 Anzeichen, dass Sie mehr Hilfe brauchen Attila Albert

Berufliche Überlastung lässt sich lange nach außen kaschieren. Aber es gibt typische Zeichen dafür, dass jemand überfordert ist. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie früh erkennen, dass Sie mehr Unterstützung benötigen, und wie Sie sich endlich die Hilfe holen, die Sie wirklich entlastet.

Berlin – Die Leiterin einer Kommunikationsabteilung war mit ihren Kräften am Ende. Jeder E-Mail, die sie beantwortete, schienen sofort fünf Nachfragen und neue Aufträge zu folgen. Bei einigen fiel ihr erst Monate später auf, dass sie noch eine Antwort (z. B. eine Präsentation) schuldig war. Die Webseite, die sie verantwortete, pflegte sie nur noch notdürftig, verzichtete beispielsweise auf die Metadaten und beschriftete Fotos nicht mehr. Ihre neue Mitarbeiterin hatte noch in der Probezeit wieder gekündigt. Selbst war sie seit Wochen krank, ihre Kinder ebenso ständig, arbeitete aber von daheim weiter. Wie lange sollte das so weitergehen?

 

Wer überlastet ist, empfindet sich oft wie in einem dunklen Tunnel oder auf abschüssiger Strecke: Eingeschränkte Sicht, gefährliches Terrain, kein leichtes Entkommen möglich. Das ist zwar eine verzerrte Wahrnehmung, geprägt von der Angst vor Fehlern, Kritik und Scheitern, auch von empfundener Machtlosigkeit. Aber sie kann sehr mächtig sein und die längst überfällige Veränderung über Jahre verhindern. Doch niemand sollte leiden oder sich gar fürchten, wenn er zur Arbeit geht, sondern sich darauf freuen, auch wenn es mal stressig zugehen kann. Das aber setzt voraus, seinen Ressourcen entsprechend zu handeln.

 

Überforderungen lässt sich nicht ewig kaschieren

Berufliche Überlastung lässt sich lange nach außen kaschieren und jeder Verdacht einige Zeit abwehren (indem man z. B. andere des Versagens beschuldigt, so von sich ablenkt). Aber es gibt typische Zeichen dafür, dass Sie überfordert sind:

 

1. Sie fühlen sich ständig gestresst, obwohl Sie weitgehend das reguläre Tagesgeschäft und gelegentliche Sonderprojekte erledigen. Aber in der Summe ist es zu viel.


2. Es gelingt Ihnen nur begrenzt, neue Mitarbeiter ausreichend gut einzuarbeiten. Dafür fehlen Ihnen Zeit, Kraft und Geduld. So entlasten Neuzugänge Sie kaum.


3. Selbst in einer Führungsposition fühlen Sie sich unter operativen Aufgaben begraben. Für Strategie (z. B. Konzepte, Mitarbeiterentwicklung) ist kaum Zeit.


4. Digitale Werkzeuge (z. B. Intranet, Projektmanagement) können nach Einführung nicht ausreichend gepflegt und weiterentwickelt werden. Sie verschlampen.

 

5. Ihnen fehlt die Zeit, Ihre Arbeit und gewünschte Standards ausreichend f ür andere zu dokumentieren. Deswegen sind ständig die gleichen Erklärungen notwendig.

 

6. Die Ablagen (z. B. für Dateien, Unterlagen) sind durcheinander. Vorhandene Dokumente werden nicht fortlaufend aktualisiert, geordnet oder entfernt.

 

7. Im Ton sind Sie anderen gegenüber oft schärfer und schnippischer, als Sie das eigentlich selbst wollen. Aber Ihre Geduld reicht oft nicht mehr aus.

 

8. Wenn Sie ehrlich sind, haben Sie sich in den vergangenen Jahren professionell nicht weiterentwickelt, sondern sind schwächer geworden – chaotischer, nervöser.

 

9. Regelmäßig leiden Sie auch körperlich unter Stressfolgen, z. B. Schlafstörungen, Schwindelgefühlen, wiederkehrenden Infekten, Gewichtszunahme oder -verlust.

 

10. Sie machen Ihren Job vor allem noch aus praktischen Erwägungen (z. B. wegen des Gehaltes). Wenn Sie eine Alternative hätten, wären Sie sofort weg.

 

Schwieriges Eingeständnis und oft zu spät

Wer beruflich überlastet ist, gesteht sich und anderen das oft erst sehr spät ein. Gerade ehrgeizige, engagierte Medienprofis empfinden es als persönliches Versagen, wenn sie zugeben müssen: „Ich schaff das nicht mehr. Mehr noch, das läuft schon seit einiger Zeit nicht mehr, wie es sollte.“ Daher kommt dieser Moment der Wahrheit leider oft erst nach langen Krankschreibungen, dem Scheitern eines wichtigen Projektes oder einer Abmahnung des Arbeitgebers wegen verspäteter Abgaben und Qualitätsproblemen.

 

Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie daher deutlich früher aktiv werden (z. B. bereits, wenn Sie mehr als fünf der obigen Aussagen zugestimmt haben). Vermeiden Sie es dafür insbesondere, sich selbst damit zu täuschen, dass es sich nur gerade um „eine schwierige Phase“ handele, wenn Sie in Wahrheit seit Jahren so arbeiten und leben. Auch Schuldzuweisungen – an den Arbeitgeber, die Gesellschaft insgesamt – bringen Sie nicht weiter. Am Ende sind Sie dafür verantwortlich, was Sie akzeptieren und mitmachen.

 

Klären, was Sie wirklich brauchen

Die Beratung durch einen Coach ist häufig ein erster Schritt für einen Neuanfang. Es kann aber auch passieren, dass er Sie an einen Therapeuten verweist, wenn er den Eindruck hat, dass Sie gar nicht mehr ausreichend entscheidungs- und handlungsfähig sind. Dabei geht es nur begrenzt darum, seinen Frust und Verärgerung auszusprechen. Das muss einmal sein, aber die wichtigere Frage ist: Was würde Ihnen wirklich weiterhelfen – und würden Sie es am aktuellen Arbeitsplatz erhalten bzw. durchsetzen können?

 

Denn so vielgestaltig die Ursachen für Überlastung sind, so individuell wird die Lösung aussehen. Einem Medienprofi fehlt die Methodik (Selbstorganisation, Prioritäten, Delegieren). Der andere braucht objektiv mehr Ressourcen (Mitarbeiter, Budget für externe Hilfe, technische Ausstattung, Kitaplatz oder Nanny). Manchem, der „damals so in den Job hineingerutscht“ ist, hilft eine fachliche Weiterbildung am besten, jüngeren Kollegen oft ein Mentor für mehr Klarheit und Konsequenz, um etwa stärker Grenzen aufzuzeigen.

 

Bei allem Engagement und Pflichtgefühl: Kein Arbeitgeber, Job und Projekt ist es wert, dass Sie sich gesundheitlich und nervlich ruinieren. Man wird es Ihnen wahrscheinlich noch nicht einmal danken, wenn erst einmal etwas richtig schief gegangen ist. Arbeiten Sie deshalb innerhalb Ihrer Reserven und heben Sie sich besondere Kraftanstrengungen für Ausnahmen auf. Vielleicht ist es sogar Zeit für neue Prioritäten, beispielsweise mehr Zeit für sich, Ihre Familie und eigene Projekte, wenn es für Sie bisher ständig nur um den Job ging.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Ewige Stagnation

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.