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So gelingt ein Neustart wenige Jahre vor der Rente

So gelingt ein Neustart wenige Jahre vor der Rente Attila Albert

Der Gesetzgeber verordnet einen immer späteren Renteneintritt, die Arbeitgeber wünschen sich jüngere Belegschaften: Mit diesem Dilemma müssen Medienprofis im reiferen Alter umgehen. Karrierecoach Attila Albert über die berufliche Neuorientierung ab Mitte/Ende 50.

Berlin – Schon seit längerem finden sich Medienprofis im vorgerückten Alter, speziell zwischen Mitte 50 und Anfang 60, in einem Dilemma wieder: Während der Gesetzgeber das Rentenalter fortlaufend heraufsetzt und damit zum längeren Arbeiten drängt, wünschen sich ihre Arbeitgeber jüngere Belegschaften. Deswegen werden ältere Kollegen vielfach kaum noch für Beförderungen oder überhaupt für offene Stellen – intern wie extern – berücksichtigt. Wer sich unter diesen Umständen trotzdem beruflich verändern will oder muss, steht daher vor besonderen Herausforderungen. Gleichwohl gibt es, wie immer, auch Chancen.

 

Medienprofis in dieser Altersgruppe können bereits auf einen langen, oftmals vielfältigen Berufsweg zurückblicken (z. B. verschiedene Medienkategorien, Journalismus und PR). Für den nächsten Abschnitt stellt sich ihnen die Frage: Wie sollte es nun weitergehen? Dabei unterscheiden sich die Temperamente: Während es einige in ihren letzten Berufsjahren möglichst ruhig angehen wollen und faktisch einen langsamen, schrittweisen Ausstieg (z. B. via Altersteilzeit und Frührente) anstreben, wünschen sich andere noch einmal eine echte Herausforderung (z. B. neues Aufgabengebiet, Selbstständigkeit).

 

Familiäre und finanzielle Planung klären
Die persönliche Lebenssituation und -planung sind dabei entscheidend und sollten zu Beginn geklärt werden. Ausgehend von der Frage, wie lange man überhaupt noch arbeiten will – höchstens bis zum Rentenalter oder, wenn es die Gesundheit erlaubt, deutlich länger, weil man beruflich aktiv bleiben möchte? Wichtige Aspekte sind dabei die familiäre Situation (ist der Partner noch berufstätig, müssen erwachsene Kinder unterstützt werden, ist ein Umzug an einen „Alterssitz‟ geplant) und damit auch der finanzielle Bedarf. Aber auch die eigenen Interessen – und wovon man genug hat – gehören hier dazu.

 

Typischerweise haben die Medienprofis in dieser Altersgruppe schon lange über eine Veränderung nachgedacht, aber – von einigen seltenen Bewerbungen angesehen – nicht weiter gehandelt. Meistens, weil sie sicherheitsorientiert und örtlich wenig flexibel waren, häufig auch wegen familiärer Verpflichtungen (z. B. Pflege eines Elternteils). Für einen Neustart wenige Jahre vor der Rente braucht es Mut und Konsequenz. Aber er erlaubt, verschüttete Träume, Begeisterung und Leidenschaft wiederzuentdecken und nun endlich anzugehen, was man immer wieder auf später verschoben hat.

 

Sich eigene berufliche Chancen schaffen
„Habe ich denn überhaupt noch eine Chance?‟, ist dabei eine häufige Frage, in der sich Selbstzweifel und Ängste ausdrücken. Eine zuversichtliche, kraftvolle Antwort darauf ist: „Ich werde sie mir schaffen, was andere auch davon halten.‟ Natürlich kann sich niemand ganz dem Arbeitsmarkt mit seinen Anforderungen entziehen. Aber es gibt neben attraktiven Positionen für „Seniors‟ (nicht zu verwechseln mit Senioren) in Festanstellung auch viele weitere Möglichkeiten, beispielsweise die Kombination einer Teilzeitanstellung mit einer Selbstständigkeit, die man auch nach dem Rentenbeginn fortführen könnte. Auch Weiterbildungen sind immer noch eine Option, jedoch sehr gezielt und eher kurz gehalten.

 

Ganz wesentlich sind dabei bereits ab dem mittleren Lebensalter, also ab ca. Mitte 40, der bewusste Entschluss und die Disziplin, sich den Themen und Herausforderungen unserer Zeit zu widmen. Ein wenig Nostalgie und Sentimentalität sind unvermeidbar („Ich weiß noch, als wir damals …‟, „Das waren noch Zeiten …‟). Aber wer sich bei der ständigen Rückschau ertappt, sollte erkennen: Das ist ein typischer Hinweis darauf, dass Ihnen aufregende, interessante Ziele fehlen, die Ihren Blick auf die Gegenwart und Zukunft fokussieren. Richten Sie sich darauf aus, entwickeln Sie sich automatisch weiter und bleiben relevant.

 

Persönlich habe ich Medienprofis kennengelernt, die wenige Jahre vor der Rente noch einmal (oder das erste Mal überhaupt) eine Führungsposition angetreten haben, von einer langen Festanstellung auf projektbezogene oder freie Mitarbeit gewechselt sind oder sich selbstständig gemacht haben. Das ist nicht leicht, sondern erfordert Entschlusskraft und Ausdauer, ist aber machbar. Wer keine weitere klassische Karriere mehr machen will, setzt dann sowieso eigene Prioritäten. Damit kann das letzte berufliche Kapitel so frei, interessant und selbstbestimmt werden, wie es die Jahrzehnte davor nicht waren.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wie Medienprofis wieder gern ins Büro gehen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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