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Unzufrieden mit den Entscheidungen der Vorgesetzten: Wie Medienprofis die Führung übernehmen

Unzufrieden mit den Entscheidungen der Vorgesetzten: Wie Medienprofis die Führung übernehmen Attila Albert

Ambitionierte Medienprofis fühlen sich oft gebremst, und manche resignieren schließlich. Karrierecoach Attila Albert beschreibt die Wege, sich langfristig trotzdem durchzusetzen.

Berlin – Welcher Medienprofi hat nicht schon manchmal beim Blick auf Entscheidungen seines Chefs oder des Unternehmens insgesamt gedacht: „Das müsste man doch ganz anders angehen!‟ Oder sogar: „Völlig daneben, das kann gar nicht funktionieren!‟ Viele belassen es dabei, schimpfen und und beklagen höchstens bei ihrem Partner oder bei den Kollegen, „was bei uns wieder falsch läuft.‟ Andere, die davon überzeugt sind, es besser zu wissen, suchen das Gespräch oder sogar die Diskussion mit ihrem Vorgesetzten oder reichen ihren Vorschlag über das offizielle „betriebliche Vorschlagswesen‟ ein.

 

Auf lange Sicht ist es jedoch ziemlich frustrierend, wenn die eigenen Ideen immer wieder abgelehnt oder zwar für gut befunden, aber trotzdem nicht umgesetzt werden. Man erhält vielleicht ein Lob oder sogar eine kleine Prämie, fragt sich aber: Lohnt sich das eigene Engagement überhaupt? Das gilt nicht nur für Angestellte, sondern auch für Selbstständige mit „beratungsresistenten‟ Kunden. Einige Zeit nimmt man das mehr oder weniger geduldig hin, schon wegen des benötigten Einkommens. Auf lange Sicht aber empfiehlt es sich zu prüfen, ob man wirklich (noch) im passenden Umfeld arbeitet.

 

Für eigene Ideen werben, Widerstand erwarten
Selbstverständlich ist es sinnvoll, die eigenen Ideen vorzustellen und für sie zu werben, und zwar mit Substanz. „Wir könnten doch mal…”, ist ein guter Anfang, aber danach sollten Sie eine kleine Präsentation vorbereiten: Welches Problem haben Sie erkannt, welche Lösung schlagen Sie vor, was ist für die Umsetzung konkret notwendig und warum lohnt sich das? Betonen Sie die Vorteile für das Unternehmen, aber auch für den Vorgesetzten, der darüber entscheiden soll. Das erhöht die Chance, die Erlaubnis sowie die Ressourcen (verfügbare eigene Arbeitszeit, Teamkollegen, Budget) für die Umsetzung zu erhalten.

 

Gehen Sie aber davon aus, dass das Unternehmen und jeder einzelne Vorgesetzte ständig Ideen, Vorschläge und Wünsche hört. Nur die wenigsten lassen sich umsetzen, weil das die Organisation und die betroffenen Mitarbeiter überfordern würde. Daher sind sofortige Abwehrreaktionen oft gar kein Zeichen dafür, dass Ihr Gegenüber ideenlos und störrisch ist („Das haben wir hier noch nie gemacht”, „Funktioniert bei uns sowieso nicht”). Er hat nur manches tatsächlich über die Jahre immer wieder gehört und musste selbst die Erfahrung machen, dass vieles im Unternehmen nicht realisierbar ist. Erwarten Sie also Widerstand, seien Sie entsprechend vorbereitet, aber auch geduldig.

 

Eigenes Führungspotential erkennen
Sollten Sie bisher keine Führungsposition haben, zeigt allerdings bereits Ihre Initiative, dass Sie möglicherweise das Potential dafür haben: Denn Sie denken unaufgefordert über Strategien und Konzepte nach, um bestimmte Probleme im Unternehmen zu lösen, und es drängt Sie danach, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Kurz: Sie wollen führen. Das heißt noch nicht, dass Sie wirklich dafür bereit sind. Möglicherweise braucht es zuvor noch eine Weiterbildung oder zumindest praktische Ratschläge und etwas selbst angeeignete Theorie aus Fachbüchern zu Führungsaufgaben und -methoden.

 

Aber Sie kennen damit die Richtung für Ihre weitere Entwicklung, nämlich den Wechsel von der Fach- zur Führungskraft. Möglicherweise kommen Sie in der aktuellen Angelegenheit noch nicht zum Zug. Zeigen Sie jedoch Ihr Interesse und bieten Sie Hilfe an, nehmen Sie aber gelassen hin, wenn das ausgeschlagen wird. Es wird sich eine andere Gelegenheit bieten. Ehrgeizige, aber unerfahrene Medienprofis versuchen dann oft, sich mit mehr Druck – immer wieder nachfragen und drängen – durchzusetzen. Das scheitert meist, man kann seinen Chef nicht „von unten führen‟, sondern sollte dann lieber wechseln.

 

Selbstständigkeit als langfristige Option
Ähnliches empfiehlt sich für Führungskräfte, die zwar gewisse Gestaltungsräume haben, aber an Grenzen stoßen. Auch sie haben Vorgesetzte – Eigentümer, Aufsichtsrat, Vorstand bzw. Geschäftsleitung – mit manchmal ganz anderen Prioritäten und Vorstellungen. Hier empfiehlt sich grundsätzlich derselbe Ansatz wie für Mitarbeiter: Die eigenen Vorstellungen mit substanziellen Argumenten untermauern und für sie werben, Verbündete suchen, aber auch achtsam auf die Signale der anderen achten. Sonst bleibt einmal nur noch die Trennung wegen „unterschiedlicher Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung‟.

 

Derartige Richtungskonflikte, hinter denen häufig auch veränderte persönliche Prioritäten und Werte stehen, sind für Führungskräfte eine gute Gelegenheit, ihren weiteren beruflichen Weg zu überdenken. Die Selbstständigkeit – Unternehmer statt Manager sein – ist die logische Wahl für alle, die sich als Angestellte ständig gebremst fühlen und das nicht länger hinnehmen wollen. Sie erlaubt, nun tatsächlich eigene Strategien und Konzepte umzusetzen, anfangs natürlich im bescheidenen Maßstab, anstatt weiterhin zu versuchen, andere dazu zu überreden. Denkbar ist im Einzelfall auch die Ausgründung und Übernahme einzelner Projekte, Unternehmensteile oder, das selbstverständlich eher bei kleineren oder mittelgroßen Medienhäusern, des Gesamtunternehmens (Management-Buy-out).

 

Genauer zuhören statt zu drängen
Ein erwähnter häufiger Fehler von Medienprofis, die bei ihrem Arbeitgeber etwas verbessern wollen, ist: Sie sind so begeistert und überzeugt von ihrer Idee, dass sie zu wenig zuhören und eigentlich eindeutige Reaktionen ignorieren („Keine Antwort ist auch eine Antwort‟). Stattdessen erhöhen sie den Druck in der falschen Annahme, sie müssten vehementer auftreten, um sich durchzusetzen. Das funktioniert jedoch nur, wenn sie in einer hierarchischen Machtposition sind, also im Zweifel auch etwas erzwingen können. Holen Sie sich besser vorab kompetente Rückmeldungen (z. B. von einem Mentor) ein, und zwar sowohl zu Ihrer Idee wie Ihrer Selbstpositionierung und der geplanten Präsentation.

 

Ein großer Schritt, Führungsverantwortung zu übernehmen, liegt darin, sich nicht mehr von der Zögerlichkeit anderer aufhalten zu lassen, sondern bei Bedarf selbst voranzugehen. Das ist der Gegenentwurf dazu, sich resigniert mit den Gegebenheiten einzurichten („Ich kann doch sowieso nichts ändern‟) und darauf zu hoffen, dass andere irgendwann so entscheiden, wie man es sich wünscht. Praktisch heißt das: Wenn man mit den eigenen Ideen immer wieder nicht durchdringt, entweder in eine offenere, dynamischere Abteilung beim aktuellen Arbeitgeber zu wechseln, in ein anderes Unternehmen oder eben in die Selbstständigkeit.

 

Zur vergangenen Kolumne: So muss der Lebenslauf heute aussehen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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