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Fall Gelbhaar: RBB lässt eigene Fehler extern untersuchen

Der RBB zieht Berichterstattung zurück, weil Zweifel an Vorwürfen gegen den Berliner Grünen-Politiker Gelbhaar aufkamen. Eine externe Kommission soll rekonstruieren, warum es so weit kam.

Berlin (dpa) − Unabhängige Experten sollen die Fehler in der RBB-Berichterstattung über Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar aufarbeiten. „Experten werden analysieren, ob es noch weitere Fehler gegeben hat und welche Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen sind“, kündigte der öffentlich-rechtliche ARD-Sender an. Wer die Experten sein werden, war zunächst unklar.

 

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hatte vor einer Woche Teile seiner Berichte über die Vorwürfe zurückgezogen. Im Kern gab es Zweifel an der Identität einer der Frauen, die dem Sender die Vorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten eidesstattlich versicherten − die Identität soll gar nicht existieren. Über die Zweifel hatte vor der Zurückziehung der RBB-Berichte bereits der „Tagesspiegel“ berichtet.

Gelbhaar hatte Vorwürfe stets bestritten. Es steht im Raum, ob es innerhalb der Grünen eine Intrige gegen den Politiker gegeben haben könnte, der nun nicht in den nächsten Bundestag einziehen wird.

In der nächsten Woche kommt das RBB-Kontrollgremium Rundfunkrat zu einer Sondersitzung wegen der fehlerhaften RBB-Berichte zusammen. Unterdessen legte der Sender eine detailliertere Analyse vor, in denen er von „schwerwiegenden Fehlern“ sprach. Der Sender bat Gelbhaar um Entschuldigung.

 

RBB hat angebliche Zeugin nie gesehen

 

Der Sender erläuterte unter anderem: „RBB-Journalisten hatten die Identität einer Zeugin nicht ausreichend überprüft, die für die Berichterstattung zentral war.“ Die Rechercheaufwände hätten bei der Prüfung der Identität derjenigen Person, die die bedeutendsten Vorwürfe gegen Gelbhaar erhoben habe, gravierend zu kurz gegriffen. „Im Laufe der Recherche bestand Kontakt zu dieser Person ausschließlich telefonisch und schriftlich, nicht jedoch von Angesicht zu Angesicht.» 

 

Der RBB ergänzte: „Die Bitte um ein Treffen wurde dem Rechercheteam vorerst unter verschiedenen Vorwänden versagt, die Zusendung einer Personalausweiskopie zwar zugesichert, diese Zusicherung jedoch nicht erfüllt. Neben ausführlichen Telefonaten lag zudem Fürsprache durch Dritte vor, die dem Autorenteam lange bekannt sind.“ Später habe sich herausgestellt, dass auch diese die Person nicht von Angesicht zu Angesicht kannten.

 

Der RBB hält fest: „Eine Veröffentlichung hätte unter diesen Umständen und auf diese Weise nicht geschehen dürfen.“

 

Der Sender räumte zudem als Fehler ein, ein Gespräch in einer Sendung durch eine nachgestellte Szene gezeigt zu haben. „Diese Bilder in Verbindung mit der Angabe „nachgestellte Szene“ insinuieren, dass ein solches Gespräch in ähnlicher Weise stattgefunden hat. Diese Darstellungsform ist nicht legitim, denn wie ausgeführt, hat ein solches Treffen nicht stattgefunden.“

 

RBB hat noch andere Baustellen

 

Völlig unabhängig von diesem Fall beschäftigt unterdessen den RBB der Senderskandal von vor mehr als zwei Jahren weiter − und zwar vor Gericht. Im Sommer 2022 stürzte das ARD-Haus in eine Krise rund um Vorwürfe der Verschwendung und der Vetternwirtschaft. Viele Führungskräfte wurden entlassen. Es gab in der Folge eine Reihe von Arbeitsgerichtsprozessen, weil sie gegen ihre Kündigung klagten.

 

Am 21. März will das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Berufungsverfahren eine Entscheidung treffen, wie es mitteilte. Bei dem Fall geht es um die außerordentliche Kündigung der damaligen Leiterin der Hauptabteilung Intendanz des RBB.