Würzburg - Um es gleich vorweg zu nehmen: Es war – und ist – eine spannende Amtszeit, aber auch eine verdammt arbeitsreiche.
Das hat angefangen mit den Übergriffen auf unsere Kolleginnen und Kollegen bei Demonstrationen. Auslöser für unser Engagement und meinen persönlichen Einsatz war ein Antrag unseres Landesverbands Sachsen, der auf dem Verbandstag 2015 verabschiedet wurde. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass Journalistinnen und Journalisten immer häufiger gewalttätig angegriffen werden: Wohl gemerkt nicht in irgendwelchen Kriegs- oder Krisengebieten, sondern hier bei uns zu Hause. In Deutschland. In Sachsen, in Bayern, in Nordrhein-Westfalen, in Thüringen, in Berlin!
An diesem Thema kann man ganz gut sehen, was der DJV als Bundesverband für seine Mitglieder leisten kann. Die einzelnen Fälle waren in der Vergangenheit höchstens regional beachtet worden. Dass es sich hier um ein strukturelles, gesellschaftliches Problem handelte, war vielen nicht bewusst: Ich glaube, auch vielen von uns nicht. Der Antrag aus Sachsen hat uns die Augen geöffnet – und der von euch gewählte Bundesvorstand hat die Herausforderung angenommen. Wir haben Politikern, Polizisten und Polizeigewerkschaften sowie der Öffentlichkeit die Problematik aufgezeigt. Unter anderem, indem wir im Internet einen Watchblog – augenzeugen.info – geschaltet haben. Das Projekt war sehr erfolgreich: Wir wurden in etlichen Medien zitiert, der Medien- und Kulturausschuss des Bundestages hat uns zweimal zu Expertenrunden eingeladen, etliche Minister, Politiker und Experten haben mit uns gesprochen. Und dieses Miteinander-Sprechen zahlt sich aus: Aus mehreren Landesverbänden habe ich gehört, dass sich die Situation etwas entspannt hat – dass zumindest die Polizei nicht mehr so oft weg schaut, wenn Journalistinnen und Journalisten angegriffen werden. Das zeigt: DJV wirkt.
Ein anderes Thema, bei dem es keinen Impuls aus dem Verbandstag brauchte, war die Zukunft unseres Medienmagazins „journalist“. Kaum hatte der neue Bundesvorstand vor zwei Jahren seine Arbeit aufgenommen, wurden die Hefte unseres traditionsreichen Blattes immer dünner. Ja, es schadete dem DJV als Herausgeber, wie der frühere Verleger gegen unser ausdrückliches Votum handelte. Schließlich sind wir eine Organisation der Profis. Und es bestand die Gefahr, dass wir dauerhaft kein anständiges Heft mehr herausbringen könnten. Das müsst ihr euch mal vorstellen: Ich bin seit einem Vierteljahrhundert Mitglied des DJV, der „journalist“ gehört für mich einfach dazu. Und es schien realistisch, dass wir – künftig ohne „journalist“ in unseren Briefkästen leben sollten. Für einen gerade neu gewählten Vorsitzenden ist das wirklich keine schöne Situation! Wir haben das Gespräch gesucht und uns für die Trennung entschieden, weil ein gemeinsamer Ansatz nicht zu finden war. Leider hat uns der Verlag Rommerskirchen in eine gerichtliche Auseinandersetzung gezogen. Von dort wurde uns aber bisher bestätigt, bei der Kündigung des Verlagsvertrages rechtmäßig vorgegangen zu sein.
Es ist uns dann auch unter Zeitdruck gelungen, eine gute zukunftsfähige Alternative zu finden. Mit Peter Strahlendorf und seinem Verlag New Business haben wir einen neuen Verleger, der zu diesem Verbandstag sogar ein extra umfangreiches Heft hat produzieren lassen. Das ist ein gutes Zeichen für die Zukunft, ein gutes Zeichen für eine dauerhafte, vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit. Der erste gemeinsame Jahrgang des „journalist“ war noch von den Auswirkungen des Streits mit dem früheren Verlag berührt, das ist hoffentlich bald überwunden.
Vielen Dank, Peter Strahlendorf! Vielen Dank aber auch an die „journalist“-Redaktion von Matthias Daniel, die in diesen schwierigen Zeiten durchgehalten hat. Und vielen Dank an alle DJV-Mitglieder als Leserinnen und Leser des „journalist“, die unserem Blatt die Treue halten.
Eine weitere Baustelle in unserem DJV ist die Struktur, in der wir uns ehrenamtlich engagieren. Der Verbandstag 2015 hat die Aufgaben beschrieben, die der DJV insgesamt stemmen will. Dazu bedarf es der effektiven Zusammenarbeit der Landesverbände untereinander und mit dem Bundesverband. Dabei spielt auch das Geld eine wichtige Rolle, darauf komme ich später zu sprechen. Wir haben mit einem politischen Kraftakt die Fachausschüsse und Kommissionen neu zugeschnitten. Zuvor hatte es Beschwerden gegeben, dass die bisherigen Gremien nicht mehr zukunftsfähig sind, dass wir sie neu aufstellen sollten. Eine Strukturkommission hat sich viele Gedanken dazu gemacht, Bundes- und Gesamtvorstand haben intensiv darüber beraten und auf unserem Verbandstag in Bonn haben wir mit deutlicher Mehrheit die Weichen gestellt. Inzwischen können die neuen Gremien ihre Arbeit aufnehmen – und ich freue mich darauf. Ich weiß, einige sind damit unzufrieden. Aber: Lasst uns erst mal abwarten, wie es funktioniert. Stürzen wir uns in die inhaltliche Arbeit, krempeln wir die Ärmel hoch und packen mit an! Die ersten Eindrücke bestätigen uns. Und wenn sich die aktuelle Struktur im Alltag als noch nicht optimal herausstellen sollte, können die Stellschrauben mittelfristig noch einmal neu justiert werden: Denn jeder Verbandstag bringt die Chance, wieder etwas zu verändern. Wir müssen uns bewusst sein, dass der DJV demokratisch funktioniert. Jeder kann und sollte seine Meinung sagen – auch wenn diese Meinung eine fundamentale Kritik ist. Aber letzten Endes müssen wir nach eingehender Diskussion stets die Entscheidungen der Mehrheit akzeptieren.
Es geht schließlich darum, als die Gewerkschaft und der Berufsverband auch und gerade in schwierigen Zeiten durchsetzungsfähig zu bleiben. Der Wind bläst unserer Branche und uns allen schließlich an vielen Stellen eisig ins Gesicht. Wenn es um Journalismus geht, scheint Wertschätzung für viele zum Fremdwort zu werden. Da nützt es auch nur bedingt etwas, wenn der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger und Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, jüngst die besondere Rolle der Journalistinnen und Journalisten gelobt hat: Die Erwartungen, die sich mit dem Schritt des Spitzenmanagers eines der größten deutschen Medienunternehmen und dem in Fragen der digitalen Chancen der Branche mit Abstand führenden an die Spitze des BDZV verbunden haben, hat Herr Döpfner bislang nicht eingelöst.
Das, was dieser Verlegerverband uns zu bieten hat, ist im Gegenteil manchmal an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Wo Honorare unter dem Niveau des Mindestlohns gezahlt werden, kann man nicht ernsthaft Professionalität und Qualität erwarten. Das Produkt Tageszeitung qualitativ auszuhöhlen, zeugt nicht von gutem Unternehmertum. Ein erster Schritt des BDZV in die richtige Richtung wäre es, die Mitgliedschaft wieder an die Tarifbindung zu knüpfen und die Einhaltung der Vergütungsregeln durchzusetzen. Alles andere sind Dumping-Methoden, die wir in unseren Berichten über andere Branchen zurecht anprangern. Die Wahrheit ist doch: Viele Journalistinnen und Journalisten sind in prekären Beschäftigungsverhältnissen und werden ausgebeutet, teilweise bis zur Erniedrigung.
Meine (wenigen) Damen und Herren Verleger und Verlagsmanager, so kann es nicht weiter gehen!
Wir stehen vor einer Gehaltsrunde für die Tageszeitungen und die Zeitschriften, in der wir mit 4,5 % Plus eine reale Verbesserung der Gehälter und Honorare anstreben und ganz ausdrücklich die jüngeren Kolleginnen und Kollegen heranholen wollen. Die uns vom BDZV aufgezwungenen Verschlechterungen für die jungen Redakteurinnen und Redakteure war und bleibt falsch, die Verlage spüren das im Wettbewerb um die besten Köpfe bereits ganz deutlich. Deshalb setzen wir auf die Einsicht des BDZV, auch wenn sie spät kommt.
Schon heute ist die Tageszeitung aus vielen Haushalten junger Menschen verschwunden. Sie ist in deren Wahrnehmung offenbar so altmodisch geworden wie das Festnetztelefon mit Wählscheibe, der Teppichklopfer oder der Käse-Igel. Wir wollen aber, dass die Tageszeitung wieder in allen Bevölkerungsschichten, in allen Altersgruppen modern wahrgenommen wird – als tägliches Überraschungspaket und mindestens qualitativ hochwertige Ergänzung zu Online-Publikationen. Als WERTvolles journalistisches Produkt. Als Kulturgut und nicht als Melkkuh für gierige Medienunternehmer, die das Futter reduzieren, um die Renditen hoch zu halten und dabei nicht merken, wie mager die Kuh schon geworden ist.
Wir müssen in unserer Branche auch aufpassen, uns nicht auseinander dividieren zu lassen. Wenn Mathias Döpfner vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk als „Staatspresse“ spricht, übernimmt er die Terminologie der Demokratiefeinde und ich empfehle ihm einen Volkshochschulkurs in Staatsbürgerkunde und Geschichte. Unsere Kolleginnen und Kollegen bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk sind keine Mietmäuler im Auftrag der Regierung. Sie sind aufrichtige Journalistinnen und Journalisten, sie brauchen gesellschaftlichen und politischen Rückhalt – und kein Abgleiten in Hass-Vokabeln, die die öffentliche Diskussion vergiften! Da nützt auch kein halbherziges Zurückrudern, Herr Döpfner, solche Vokabeln gehören sich in einer ernsthaften gesellschaftlichen Debatte einfach nicht!
Den Verlegerorganisationen und den Gremienvertretern und Intendanten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk rufe ich zum wiederholten Male zu: Die Gegner stehen woanders, rauft euch zusammen und erinnert euch an das gemeinsame Interesse, professionellen Journalismus zu ermöglichen, dann sind wir an eurer Seite!
Und zur Diskussion über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland macht es auch keinen Sinn, diese auf den Beitrag zu reduzieren und die Finanzdiskussionen ständig auf dem Rücken der Journalistinnen und Journalisten auszutragen.
Vorschläge für den Spam-Ordner der deutschen Medienpolitik
Wenn ich absurde Forderungen wie die nach der Abschaffung der „Tagesschau“ höre, wird mir schlecht. Das sind Vorschläge, die in den Spam-Ordner der deutschen Medienpolitik gehören und nicht in einen ernsthaften Diskurs. Es ist nicht Aufgabe unserer Volksvertreter, klischeehafte Ablehnung von Journalismus zu befördern. Denn auch Journalistinnen und Journalisten sind das Volk. Wir leisten einen ebenso wichtigen Beitrag für unser demokratisches System wie ihr Politikerinnen und Politiker. Man kann das gar nicht oft genug betonen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, damit werden wir uns hier bei diesem Verbandstag ja inhaltlich noch ausführlicher beschäftigen, braucht eine Erneuerung der Bestands- und Entwicklungsgarantie. Hört sich das übertrieben an? Ich denke: Nein. Das entspricht geltender Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Natürlich kann man immer etwas verbessern. Und der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich verbessern. Und ja, der Funktionsauftrag muss zeitgemäß und zukunftsträchtig interpretiert werden. Dabei darf der Journalismus bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk nicht unter die Räder geraten. Genau das macht mir Sorgen – und ich glaube, euch auch. Denn oft scheint es sparwütigen Hierarchen in den Sendern nur noch darum zu gehen, den Rotstift anzusetzen. Die Vertreter der Sender haben kürzlich ein Papier zur Strukturreform veröffentlicht, demzufolge in den Jahren bis 2028 Einsparungen in Höhe von etwa 2 Milliarden Euro vorgesehen sind, davon die Hälfte aus Entlastungen im Bereich der Altersversorgung. Stimmen aus der Politik haben das prompt für unzureichend erklärt. So sollte die Diskussion nicht weitergehen.
Mir fehlen bis heute zu oft überzeugende redaktionelle Konzepte. Die müssen am Anfang stehen und nicht einer willkürlich ermittelten unter den Strich gesetzten Einsparsumme folgen. Die Inhalte dürfen nicht beliebig werden. Es reicht nicht, wenn da irgendwas flimmert und rauscht. Es reicht nicht, wenn alleine Praktikanten, Hospitanten, Dilettanten so etwas wie ein Programm zusammenschustern. Wir brauchen Profis, die die journalistische Grundversorgung auch in Zukunft sicherstellen können.
Mein leidenschaftliches Plädoyer für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt übrigens genauso für die privaten Wellen. Die gesetzliche Finanzierungsgarantie für die Öffentlich-Rechtlichen ist Bestandteil der Rundfunkfreiheit. Ich bin davon überzeugt, dass wir in diesem Bereich einen fairen Wettbewerb brauchen – und dazu gehören ausdrücklich auch private Sender. Aber auch bei denen gehört professionell gemachter (und anständig bezahlter) Journalismus dazu!
Was eben in allen Redaktionen dieser Republik gebraucht wird, sind Profis, die ihren Job verstehen. Unabhängige und gut ausgebildete Journalistinnen und Journalisten sind das Rückgrat einer demokratischen Gesellschaft. Wir stellen den Rohstoff an Information her, der für den öffentlichen Diskurs gebraucht wird. Wir ordnen kenntnisreich ein, recherchieren, berichten, kommentieren. Wir sind stolz auf das, was wir beruflich machen. Es hat einen Wert. Und dieser Wert ist nicht „Null“, wie manche Menschen meinen, die sich ihre Informationshäppchen im Internet gratis zusammenstellen. Wir Journalistinnen und Journalisten versorgen die Öffentlichkeit mit dem Schmierstoff für das Funktionieren der Demokratie und brauchen anständige Arbeitsbedingungen und eine anständige Bezahlung. Ich benutze hier bewusst das altmodische Wort des Anstands: Ganz gleich, ob man fest oder frei für Medien arbeitet – Journalismus ist nicht zum Null- oder Billigtarif zu haben. Das ist die wichtigste Herausforderung dieser Zeit: für Wertschätzung werben, Geringschätzung engagiert entgegen treten, die Rolle von professionellem Journalismus ins Bewusstsein rufen. Das machen wir als DJV, das macht euer Bundesvorstand, das mache ich als euer Bundesvorsitzender.
Vor zwei Jahren hatte wir als Bundesvorstand diesen Einsatz versprochen und ich persönlich, dass ich Klinken putzen werde, um für unsere gemeinsame Sache zu werben. Fast jeden Tag waren wir für euch aktiv, ich war sehr viel unterwegs. Ob auf Podiumsdiskussionen, bei Gesprächen mit Politikern, bei der Vernetzung mit politischen Partnern oder auf der medialen Bühne: Wir werden wahr- und ernstgenommen. An dieser Stelle danke ich dafür auch herzlich unserem DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner. Er musste sich zuweilen an meinen Stil gewöhnen, aber das macht er hervorragend. Wenn es um die wichtigen Themen des Journalismus geht, sind wir in Deutschland der erste Ansprechpartner - in Nachrichtenagenturen, in Zeitungen und Zeitschriften, in Onlinemedien oder bei Radio und Fernsehen. Dass wir in verschiedensten Zusammenhängen als die Profis im Journalismus wahrnehmbar sind, ist eine Teamleistung, auch wenn ich als Vorsitzender naturgemäß sehr häufig die aktive Stimme bin, die Öffentlichkeit herstellt.
Dass wir als Journalistinnen und Journalisten, wir als DJV, unsere Stimme erheben, ist nicht nur wegen der allgegenwärtigen Medienkrise absolut nötig. Es sind auch die politischen Rahmenbedingungen, die unsere Aufmerksamkeit herausfordern. Ein Beispiel dafür sind die Ereignisse rund um den G20-Gipfel in Hamburg. Da wurden Kolleginnen und Kollegen ohne Sinn und Verstand Akkreditierungen entzogen. Da wurde in die Pressefreiheit eingegriffen. In das Grundrecht, das unsere Arbeit schützt. Die Behörden spielen dabei auch im Nachhinein eine immer dubiosere Rolle. In einigen Fällen hat man sich bereits entschuldigen müssen. Man musste einräumen, dass illegal Daten über Journalistinnen und Journalisten gespeichert wurden – ja, sogar völlig falsche Daten. Das muss man sich mal vorstellen: Man wird vom Staat an der journalistischen Arbeit gehindert, weil gefälschte Daten in den Behördencomputern schlummern. So geht es nicht! Und wenn es vom Bundeskriminalamt jetzt heißt, man habe die ominösen schwarzen Listen frühzeitig zurückgezogen, das habe sich aber nicht bis zur Polizei vor Ort herum gesprochen, dann macht das nur noch fassungsloser. Liebe Leute beim BKA, rudert nicht ständig vor und zurück, sagt endlich die Wahrheit – und sorgt dafür, dass so ein peinlicher, staatlich organisierter Verrat an der Pressefreiheit nie mehr passiert! Wir als DJV werden euch jedenfalls weiterhin kritisch auf die Finger schauen. Und wir werden immer dann die Stimme laut erheben, wenn ihr versucht, uns einzuschüchtern.
Mit dem ab 2018 ausgestellten bundeseinheitlichen Presseausweis, der vom Deutschen Presserat lizensiert wird und den nur sorgfältig geprüfte Verbände ausstellen dürfen, haben wir nach fast zehn Jahren künftig wieder d a s Arbeitswerkzeug für euch und auch die von unseren Landesverbänden geprüften Nichtmitglieder. Das ist ein wichtiger Erfolg und wir setzen darauf, dass uns allen der Umgang mit den Behörden der Ordnung und Sicherheit künftig spürbar erleichtert wird.
Als Bundesvorsitzender des DJV habe ich gemeinsam mit dem Bundesvorstand in teilweise neuer Besetzung vor, auch in Zukunft in der Bundespolitik Klinken zu putzen, auch und gerade bei den Vertreterinnen und Vertretern der Parteien, die gerade eine Jamaika-Koalition vorbereiten – denn es gibt vieles, was uns im Magen liegt: Vorratsdatenspeicherung, Urheberrecht, der Schutz von Informanten, das unselige Gesetz zur Tarifeinheit, ein längst überfälliges Presseauskunftsgesetz, eine angemessene Personalvertretung für feste Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk – das sind nur einige Stichworte.
Wunderbare Unterstützung bei dieser Lobbyarbeit bekommen wir von Benno Pöppelmann, unserem Herrn der Paragraphen. Danke, lieber Benno! Du stehst mit dafür, dass die Politikerinnen und Politiker mit uns rechnen müssen: Dafür, dass wir unsere Interessen professionell formulieren – damit es weiterhin einen guten Journalismus in unserem Land gibt. Damit wir alle ordentliche Arbeitsbedingungen haben. Damit uns unser Beruf Spaß macht. Denn nur das, was man gerne macht, macht man auch richtig gut. Und für mich – ich hoffe, für uns - ist und bleibt Journalismus immer noch der schönste Beruf der Welt.
Wir müssen aber auf den Journalismus aufpassen. Er steht unter Druck. Auf vielfältige Weise. Unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Mehr denn je. Deshalb müssen wir gemeinsam darüber diskutieren, wie wir erfolgreich dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit unserer redaktionellen Produkte zu erhalten oder, wo es nötig ist, wiederherzustellen. Unsere Rolle hat sich fundamental geändert. Wir sind nicht mehr die Gatekeeper und Welterklärer, wir haben an Autorität verloren und müssen besser und umfangreicher erklären, wie wir arbeiten und warum wir Themen Relevanz zumessen oder auch nicht.
Einige gute Ansätze gibt es da schon. Rubriken unter dem Motto „Das wissen wir schon, das wissen wir noch nicht“ zum Beispiel. Oder eine echte Fehlerkultur. Die hängt eng mit der Fähigkeit zur Selbstkritik zusammen, da gibt es Nachholbedarf. Oder die transparente Darstellung möglicher Interessenkonflikte. Über andere Maßnahmen werden wir wahrscheinlich kontrovers diskutieren. Etwa über die Frage, ob wir ein Gütesiegel für professionellen Journalismus brauchen. So eine Mischung aus Stiftung Warentest, Spendensiegel und Presserat. Ein Siegel, das selbstverwaltet vergeben wird, nur an Redaktionen, die sich gemeinsamen Qualitätsstandards unterwerfen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anständig bezahlen. Ich finde, die Idee eines solchen Siegels ist diskussionswürdig.
Überhaupt, unsere Diskussionen. Ganz ehrlich: Wir haben da noch Luft nach oben. Manchmal befürchte ich, dass persönliche Animositäten unsere lebendige DJV-Kultur unterwandern. Die Brandenburger Geisterfahrer um Herrn Conen zum Beispiel haben unserem Verband nicht gut getan und sie tun uns auch heute nicht gut, wenn auch nicht mehr weh. Da geht es nicht um Sachpolitik, sondern darum, den DJV aufzumischen und ohne irgendeinen eigenen inhaltlichen Ansatz Sand ins Getriebe zu bringen. Danke, das ist nicht der DJV und das wird er auch nicht werden! Unsere Gegner stehen woanders. Wir hier im DJV haben gemeinsame Ziele. Wir streiten im Diskurs um die beste Lösung, in dem die besten Argumente das höchste Gewicht bekommen und nicht die Grobheit der Attacke den Ausschlag gibt.
Überzogene, persönlich verletzende Kritik hilft uns nicht weiter. Wir brauchen in diesem Sinne tatkräftige Mit-Streiter und kontroverse, aber konstruktive Diskussionen. Am Ende muss immer die Akzeptanz von Mehrheitsentscheidungen stehen. Dass man dabei innerverbandliche Minderheiten nicht überfahren darf, versteht sich von selbst. Zum Aspekt Diversität schlagen wir als Bundesvorstand eine Ergänzung des Grundsatzprogramms vor. Wir müssen uns ganz anderen Herausforderungen stellen. Auch innerhalb unseres DJV.
Denn die Zahl unserer Mitglieder entwickelt sich, wie in anderen großen Organisationen auch, leider rückläufig. Das bedeutet, dass wir auch weniger Geld in der Kasse haben. Für manche mag sich das jetzt wie eine Plattitüde anhören. Aber es ist Realität. Der amtierende Bundesvorstand hat auf diese Herausforderung schon reagiert. Die Berliner Geschäftsstelle ist in kleinere Räume umgezogen, der Bundesvorstand hat in eigener Sache Geld eingespart, wir versuchen an allen Ecken und Enden noch verantwortungsbewusster mit den Finanzen umzugehen als in der Vergangenheit.
Und eines dürfen wir nie vergessen: Höhere Einnahmen lassen sich am besten durch neue Mitglieder erzielen. Deshalb haben wir an alle Landesverbände appelliert, die Werbung um neue Mitglieder noch stärker in den Fokus zu rücken. Diesen Appell erweitere ich jetzt auf alle Aktiven im DJV hier im Saal: Ihr seid unsere Vorbilder und Vorzeigemitglieder, ihr seid die Überzeugungstäter, die Kraftzellen. Jede und Jeder kann im direkten Gespräch mit den noch nicht bei uns organisierten Journalistinnen und Journalisten werben und damit unsere finanzielle Basis stabilisieren!
An dieser Stelle danke ich ausdrücklich auch unserer Schatzmeisterin Katrin Kroemer, die diesen zum Teil schmerzhaften Prozess organisiert. Liebe Katrin, es ist schön, dass es dich im DJV gibt! Und ich danke den Kolleginnen und Kollegen im Bundesvorstand sowie dem Team der Geschäftsstelle um Kajo Döhring, die einen prima Job machen. Schön, dass es euch gibt!
Blick über den Tellerrand hinaus
ich habe nun viel gesagt zur Situation des Journalismus in Deutschland und zu unserem DJV. Wir schauen aber auch über den Tellerrand hinaus. Im vergangenen Jahr in Bonn haben wir gemeinsam mit amnesty international und „Reporter ohne Grenzen“ auf die dramatische Situation für unsere Kolleginnen und Kollegen in der Türkei aufmerksam gemacht. Und: In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Richterbund, mit dem Hochschulverband und mit dem Anwaltverein haben wir unsere Solidarität in die Öffentlichkeit getragen. Ich habe auf etlichen Demonstrationen gesprochen und immer wieder deutlich gemacht: Journalismus ist kein Verbrechen! Das hat gefälligst auf der ganzen Welt zu gelten, auch in der Türkei. Es ist bedrückend zu sehen, wie Journalistinnen und Journalisten dort verfolgt werden. Unsere Kollegin Mesale Tolu sitzt im Gefängnis und sieht sich absurden Vorwürfen ausgesetzt. Unser Kollege Deniz Yücel wird seit Monaten ohne Anklage hinter Gittern gehalten. So wie viele, viele andere in der Türkei, die nichts anderes getan haben als ihren Job.
Die Tendenz, unabhängigen und kritischen Journalismus als Verbrechen zu brandmarken, ist in autokratischen Systemen weit verbreitet. Wir müssen da wachsam sein. Denn die Einschläge dieser martialischen Angriffe auf die Pressefreiheit – auf UNSERE Freiheit – kommen immer näher. In manchen Ländern in Osteuropa kann man kaum noch ohne Angst seinen Job machen und in Deutschland scheinen es die feuchten Träume einer Rechtsaußen-Partei zu sein, auch uns zu JAGEN. Das dürfen wir nicht zulassen. Gerade wir in Deutschland nicht, bei unserer Geschichte. Wir als DJV müssen unsere Grundrechte verteidigen, dafür steht der Bundesvorstand und dafür stehe ich. Und ich sage auch ganz klar: Wir müssen unser demokratisches System verteidigen.
Dazu gehören auch Partner in Europa und auf der Welt. Insofern freue ich mich, dass Philippe Leruth für die Internationale Journalisten-Föderation IFJ heute bei uns ist. Die IFJ aber ist auch eine Organisation mit Stärken und Schwächen. Über diese Schwächen diskutieren wir seit vielen Monaten intensiv. Und wir hoffen, dass wir einen Weg finden, weiterhin gemeinsam für guten Journalismus zu kämpfen. Ich sage aber auch: Zur Gemeinsamkeit gehört es immer, sich selbst in Frage zu stellen und mit Kritikern zusammen nach dem besten Weg zu suchen. Und ich habe das Gefühl, dass dieser Weg zwischen IFJ und DJV gerade steinig ist, ziemlich steinig. Solidarität ist keine Einbahnstraße, das gilt weltumspannend genauso wie innerhalb des DJV.
Kandidatur für weitere Amtszeit
Damit habe ich für den Bundesvorstand berichtet und bilanziert, in zwei Jahren meiner Amtsführung als euer Vorsitzender habe ich hoffentlich vieles richtig gemacht, aber sicher auch einiges falsch. Ich habe stets das Gespräch und den Kompromiss gesucht, aber ich bin auch der einen oder dem anderen auf die Füße getreten. Das ist wohl – leider - unvermeidlich, wenn man einen so breit aufgestellten Verband führen darf. Wenn ich jemandem ernsthaft wehgetan haben sollte, bitte ich um Verzeihung. Ich bin und bleibe aber ein Freund der offenen Worte. Bitte beurteilt meine Arbeit fair und differenziert. Ich werde mich bei diesem Verbandstag um weitere zwei Jahre als DJV-Bundesvorsitzender bewerben. Zeigt mir mit eurer Stimme, ob euch die große Linie passt oder nicht. Und lasst mich in Diskussionsbeiträgen und persönlichen Gesprächen wissen, was wir noch verbessern können. Ich hoffe und freue mich darauf – auf eine weitere, spannende, arbeitsreiche Amtszeit.
Frank Überall