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Ex-Frau in der "Zeit": Wusste Rudolf Augstein nichts von Walser-Vaterschaft?

Es ist aber auch zu langweilig geworden unter den deutschen Verlegerfamilien.

Hamburg - Die Funkes tanzen in Essen inzwischen nach der Pfeife der Banken, Friede Springer hält sich die Enkel von Axel Cäsar Springer schon lange juristisch vom Leibe und bei den Jahrs dominiert einzig die Frage, wie lange die Familie eigentlich noch überhaupt Zeitschriften finanzieren möchte. Wie gut, dass es Gisela Stelly Augstein gibt.

Rudolf Augstein würde an diesem Dienstag seinen 90. Geburtstag feiern. Der Ausnahme-Journalist, Gründer vom "Spiegel"-Verlag, starb am 7. November 2002 in Hamburg.

 

Gisela Stelly Augstein: 90 Jahre alt würde Rudolf Augstein am Dienstag werden. Zu seinem runden Geburtstag keilt die vierte Ehefrau des fünfmal verheirateten "Spiegel"-Gründers ordentlich aus. Foto: André Rival

 

Über Augstein selbst ist schon viel geschrieben worden.

Fünfmal war Rudolf Augstein verheiratet, vier Kinder hat er hinterlassen.

Franziska und Jakob sind auch als Journalisten bekannt, die Theodor-Wolff-Preisträgerin arbeitet bei der "Süddeutschen Zeitung", er verlegt unter anderem die Wochenschrift "Der Freitag".

Das älteste Augstein-Kind und der jüngste Sohn, Julian Augstein, der aus der Ehe von Rudolf Augstein und Gisela Stelly stammt, arbeiten dagegen fernab von den Medien.

Die vier Augstein-Kinder halten am Verlag jeweils direkt sechs Prozent (insgesamt 24 Prozent), auch auf anderen Feldern engagieren sie sich. So betreut Jakob den journalistischen Bereich der nach Rudolf Augstein benannten Stiftung.

An Jakob Augstein arbeitet sich in der aktuellen "Zeit" nun die vierte Augstein-Gattin Gisela Stelly Augstein ab. Es ist ein Lehrstück, was in Familien passieren kann, "wenn dem toten Löwen selbst der Hase an der Mähne zupft".

Ohne besondere Not hatte der einstige Lieblingssohn von Rudolf Augstein Ende 2009 der Medienexpertin Ulrike Simon in der "Berliner Zeitung" gebeichtet, dass er der leibliche Sohn des Schriftstellers Martin Walser sei. "Eine "Sensation in der Kulturszene, eine Familiengeschichte, wie sie Autoren lieben", schrieb damals sogar die "Bild".

"Familienbesuch" ist der Essay von Gisela Stelly Augstein betitelt, der am vergangenen Donnerstag im Feuilleton veröffentlicht wurde.

In dem Stück räumt die Autorin mit einigen Thesen auf, die in Augstein-Stücken regelmäßig wiederholt werden:

1. Rudolf Augstein hat seine Kinder geliebt, er wollte sie immer um sich haben. Gisela Stelly Augstein argumentiert so: "Ein abwesender Vater soll er gewesen sein. Auch das sagt man ausgerechnet von ihm, der seine Kinder immer um sich haben wollte?"

2. Rudolf Augstein wusste nicht, dass Jakob Augstein nicht sein leiblicher Sohn ist.

Gisela Stelly Augstein formuliert es anders, freundlicher, in Fragen.

Den Beitrag für die "Zeit" hat sie so aufgebaut, als ob Rudolf Augstein zu seinem runden Geburtstag auf die Erde zurückkehrt und sich "mithilfe des Augstein-Archivs" über seine Familie informiert.

Stelly Augstein schreibt: "Vielleicht erinnert sich der Neunzigjährige jetzt, wie er die Ähnlichkeit zum eigenen Vater Friedrich bemerkte, erst beim Heranwachsenden, dann auch beim Erwachsenen. Ein echter Augstein, sein Sohn Jakob, dem Friedrich Augstein wie aus dem Gesicht geschnitten, hatte er gesagt. Hat er sich so sehr getäuscht?"

An anderer Stelle greift sie auch massiv die dritte Augstein-Ehefrau Maria an, Mutter von Jakob: "Aus einer Boulevardzeitung muss er dann auch noch erfahren, es habe, laut der Mutter, eine Verabredung zwischen den Beteiligten gegeben, die wahre Vaterschaft zeitlebens geheim zu halten, und dass er als einer der Beteiligten gelte. Da zweifelt der Jubilar nun doch am Verstand, wenn auch an dem der tatsächlich Beteiligten. Wieso hätte er mit der Mutter um diesen Sohn vor Gericht streiten können, wenn doch die Nennung des wahren Vaters, Martin Walser, das Gericht ohne Zweifel veranlasst hätte, die Akte Augstein gegen Augstein sofort zu schließen?"

Gisela Stelly Augstein fährt fort: "Und wieso hätte er den leiblichen Sohn von Martin Walser nicht nur zu seinem Erben, sondern, herausgehoben, auch noch zum Sprecher der Erbengemeinschaft seiner Kinder bestellen sollen? Dann hätte er ja auch seine eigenen leiblichen Kinder zeitlebens getäuscht", wütet Gisela Stelly Augstein in ihrem Essay.

Die Diskussion um Jakob Augsteins Rolle in der Erbengemeinschaft scheint noch längst nicht beendet zu sein.

Gisela Stelly Augstein, so heißt es aus Hamburg, laufe sich gerade erst warm. Überraschend sei lediglich, dass Stelly Augstein nicht den angeblich von Jakob Augstein gewünschten Verkauf des Augstein-Anwesens auf Sylt thematisiert, den Stelly Augstein und ihr Sohn ablehnen.

Bülend Ürük