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Martin Eisenlauer: "Guter Technikjournalist muss verstehen, worüber er schreibt"

Als "Tech-Freak" erklärt Martin Eisenlauer in "Bild am Sonntag" und "Bild" die technischen Veränderungen.

Berlin - Aus Sicht von Martin Eisenlauer haben Videospiele "unsere Kultur ähnlich stark geprägt wie Bücher, Musik und Filme. Trotzdem gibt es bisher noch keine vernünftige Auseinandersetzung damit", bedauert der erfahrene Journalist.

Zur Person: Martin Eisenlauer ist seit Juli 2000 bei Axel Springer tätig. Der "Tech-Freak" Martin Eisenlauer ist Ressortleiter Digital bei "Bild" und "Bild am Sonntag".

 

Seit Juli 2000 bei Axel Springer: Martin Eisenlauer ist Ressortleiter Digital bei "Bild" und "Bild am Sonntag".

 

 

Was macht für Sie guten Technikjournalismus aus?

Martin Eisenlauer: Die Fähigkeit, Lesern komplexe Inhalte näher zu bringen. Wir machen aus Fachchinesisch und Datenblättern spannende Geschichten und erklären dem Leser, wie neue Entwicklungen seine Welt verändert. Guter Technikjournalismus zeigt Chancen und weist auf Gefahr hin.

Technik ist heute überall. Ab wann sagen Sie, dass Sie ein Thema aufgreifen müssen?

Martin Eisenlauer: Immer dann, wenn uns das Thema in der Redaktion bewegt. Ich denke, es ist das Schicksal des Technikjournalisten mit seinen Geschichten, oft "zu früh" dran zu sein. Aber immer dann, wenn eine Technik im Massenmarkt ankommt und unsere Leser denken "Das kenn ich doch. Davon hab ich schon in BILD gelesen!", haben wir unseren Job gut gemacht.

Wenn Sie Zeitungen, Zeitschriften lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen - glauben Sie, dass alle Journalisten, die über Technik berichten, auch die Technik verstehen?

Martin Eisenlauer: Ich hoffe es doch. Aber im Ernst: Ich würde mir manchmal etwas weniger Aufregung um große Namen wie Google, Facebook & Co. und etwas mehr Analyse bei wirklich relevanten Themen wie dem Privatsphärenschutz oder der Web-Regulierung wünschen. Hier habe ich manchmal den Eindruck, dass viel zu wenige Menschen wirklich verstehen, wie "dieses Internet" funktioniert. Das ist aber leider kein spezifisches Problem der Technik-Berichterstattung.

Was war für Sie das eindrucksvollste Erlebnis bei einer Technik-Recherche?

Martin Eisenlauer: Das "eindrucksvollste Erlebnis" gibt es fürchte ich nicht. Ich bin aber immer wieder schockiert, wenn ich sehe mit welcher Begeisterung die Industrie versucht, den Menschen Dinge zu verkaufen, die sie gar nicht wollen oder brauchen. Da wird von "Single-Play-Funktion" gesprochen, wenn man die Nutzung einschränkt oder von "Flatrate" wenn in Wahrheit die Kontingente streng limitiert sind. Für mich ist es immer wieder toll zu sehen, dass wir den Markt mit unserer Berichterstattung etwas ehrlicher und transparenter machen können.

Wie reagieren eigentlich Ihre Leser auf Ihre Beiträge? Gibt es viele, die schimpfen, dass man nicht akkurat genug berichtet hat? Und - wie genau muss man eigentlich berichten, damit man alle Nutzer zufriedenstellt?

Martin Eisenlauer: Ich fürchte, man kann nicht alle Nutzer zufriedenstellen. Mit manchen Lesern muss man um jedes Megahertz streiten, andere wollen nur ihre eigene Meinung bestätigt sehen. Letztlich ist es wichtig, dem Leser Orientierung zu geben und ihm zu sagen, was wir als Fachleute von aktuellen Entwicklungen halten. Das diese Meinung nicht immer populär ist, ist in meinen Augen eines der wichtigsten Kriterien für guten Technikjournalismus. Dafür muss man auch mal Kritik einstecken können und dafür lohnt es sich, zu streiten.

Bei welchem Thema würden Sie gerne intensiver recherchieren können?

 

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Martin Eisenlauer: Videospiele. Die haben unsere Kultur ähnlich stark geprägt wie Bücher, Musik und Filme. Trotzdem gibt es bisher noch keine vernünftige Auseinandersetzung damit. Die Berichterstattung steckt irgendwo zwischen PR und Killerspiel-Hysterie fest. Dabei sind die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Branche extrem spannend.

Warum sollten sich jüngere Kollegen aus Ihrer Sicht heute für den Technikjournalismus entscheiden? Oder sollen Sie lieber in einem anderen journalistischen Feld arbeiten?

Martin Eisenlauer: Weil er Spaß macht. Wer sich für Technik begeistert, findet hier seinen Traumjob. Wo sonst können Sie alle neuen Gadgets ausprobieren und direkt mit den Machern sprechen?

Sind Ingenieure die besseren Technikjournalisten?

Martin Eisenlauer: Nicht unbedingt. Ich glaube, ein guter Technikjournalist muss erst einmal verstehen, worüber er schreibt. Hier haben Ingenieure einen klaren Vorteil. Er muss sich dann aber auch wieder weit genug von dem Thema entfernen können, um es allgemeinverständlich aufschreiben zu können. Und jeder, der mal eine Bedienungsanleitung gelesen hat, weiß, dass sich Ingenieure da oft schwer tun.

Die Fragen an Martin Eisenlauer, Ressortleiter Digital bei "Bild" und "Bild am Sonntag", stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.