Leute
Newsroom

Technology-Review-Redakteur Gregor Honsel: „Alltagsnahe Sprache wichtiger als Fachterminologie“

„Technik ist ungeheuer vielfältig und spannend, es gibt viel zu erklären, aber auch viel zu erzählen, zu diskutieren, zu interpretieren, einzuordnen“, sagt Gregor Honsel, Redakteur bei der in Hannover erscheinenden Technology Review.

Berlin - Für Gregor Honsel ist es viel interessanter, über Technik zu berichten als für die Ressorts Feuilleton oder Politik zu schreiben.

Zur Person: Gregor Honsel, Jahrgang 1969, ist seit 2006 Redakteur bei der Technology Review in Hannover.

 

Gregor Honsel ist Redakteur bei der "Technology Review" in Hannover.

 

Erste journalistische Erfahrungen hat er als Praktikant und freier Mitarbeiter bei Lokalzeitungen in Bocholt, Wesel, Emmerich, Bamberg und Nürnberg gesammelt. Nach dem Studium der Germanistik, Journalistik und Psychologie an der Universität Bamberg war er 1996 und 1997 Online-Redakteur der Pressestelle der Universität Köln. Von 1997 bis 2003 war er Online-Redakteur und Online-CvD bei der Wirtschaftswoche in Düsseldorf, bevor er für drei Jahre als Corporate Communications Manager der Clarity AG in Bad Homburg wechselte. Gregor Honsel hat unter anderem den Journalistenpreis Punkt gewonnen, der besondere Leistungen in der Berichterstattung über Wissenschaft und Technik herausstellen möchte.

Was macht für Sie guten Technikjournalismus aus?

Gregor Honsel: Die richtige Mischung aus Begeisterung und Skepsis, aus Verständlichkeit und Detailliertheit, aus Nähe und Abstraktion.

Technik ist heute überall. Ab wann sagen Sie, dass Sie ein Thema aufgreifen müssen?

Gregor Honsel: Natürlich wenn es absehbar ist, dass eine Technik das Leben von Menschen verändern wird. Aber auch, wenn wir eine technische Lösung einfach nur neu, frisch, überraschend, elegant oder cool finden, selbst wenn nicht zu erwarten ist, dass sie die Welt verändern wird. Oder wenn umgekehrt eine Technik, die wir für überschätzt halten, in anderen Medien gehypt wird.

Wenn Sie Zeitungen, Zeitschriften lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen - glauben Sie, dass alle Journalisten, die über Technik berichten, auch die Technik verstehen?

Gregor Honsel: Was heißt schon verstehen? Wenn breiter aufgestellte Medien über Themen berichten, in denen ich mich einigermaßen auskenne, entdecke ich natürlich Fehler oder Dinge, die ich anders eingeschätzt hätte. Genauso dürfte es aber auch den wirklichen Experten gehen, wenn sie meine Stücke lesen. Egal wie tief man sich in eine Technik hereinbohrt, darunter ist immer noch eine weitere Ebene, die man nicht versteht. Das wichtigste ist doch, dass die Leser einen verstehen und natürlich, dass keine wirklich groben inhaltlichen Schnitzer drin sind.

Was war für Sie das eindrucksvollste Erlebnis bei einer Technik-Recherche?

Gregor Honsel: Kann ich nicht sagen. So richtig spektakulär sind meine Recherchen eigentlich nicht. Also nix mit Rumturnen auf Windrädern oder so. Meistens sind es eher Messen, Kongresse oder Gespräche. Eindrucksvoll ist es immer, von neuen Lösungen für alte Probleme zu hören, auch wenn mir jetzt kein Beispiel dafür einfällt.

Wie reagieren eigentlich Ihre Leser auf Ihre Beiträge? Gibt es viele, die schimpfen, dass man nicht akkurat genug berichtet hat? Und - wie genau muss man eigentlich berichten, damit man alle Nutzer zufriedenstellt?

Gregor Honsel: Es gab schon mal Zuschriften, die sich beschwerten, dass ich "Stundenkilometer" statt "Kilometer pro Stunde" geschrieben habe oder "Kilo" statt "Kilogramm". Das juckt mich wenig. Solange keinerlei Verwechselungsgefahr besteht, ist mir eine einfache alltagsnahe Sprache wichtiger als die Fachterminologie. Ansonsten gibt es relativ wenig Feedback in die eine oder andere Richtung - also weder "das war mir jetzt zu kompliziert" noch "das war mir zu oberflächlich". Ob das daran liegt, dass wir mit unserer Verständlichkeit und Tiefe richtig liegen oder daran, dass die Leser frustriert weiterblättern, ohne sich zu beschweren, weiß ich nicht. Ich hoffe, ersteres.

Bei welchem Thema würden Sie gerne intensiver recherchieren können?

Gregor Honsel: Eigentlich bei fast allen.

Warum sollten sich jüngere Kollegen aus Ihrer Sicht heute für den Technikjournalismus entscheiden? Oder sollen Sie lieber in einem anderen journalistischen Feld arbeiten?

 

"Was guten Technikjournalismus ausmacht", heißt die Titelgeschichte vom neuen "Technikjournalist". Das NEWSROOM-Schwesterblatt kann direkt hier bestellt werden.

 

Gregor Honsel: Oh ja, sie sollten sich auf jeden Fall für Technikjournalismus entscheiden! Aber natürlich nur, wenn sie sich auch für Technik interessieren. Technik ist ungeheuer vielfältig und spannend, es gibt viel zu erklären, aber auch viel zu erzählen, zu diskutieren, zu interpretieren, einzuordnen. Technik durchdringt unseren Alltag, sie beeinflusst unser Leben - behaupte ich - weitaus stärker als die Politik, und doch wird viel weniger darüber berichtet. Außerdem finde ich eine elegante technische Lösung manchmal genauso ästhetisch wie ein Kunstwerk. Trotzdem wollen die meisten Journalisten im Feuilleton oder im Politik-Ressort arbeiten, was ich nicht ganz verstehe. Ich jedenfalls finde Technikjournalismus viel interessanter!

Sind Ingenieure die besseren Technikjournalisten?

Gregor Honsel: Da ich selbst kein Ingenieur bin, bin ich da nicht ganz unparteiisch. Ich würde sagen, man muss kein Ingenieur sein, aber schaden tut's sicherlich auch nicht.

Die Fragen an Gregor Honsel, Redakteur bei der Technology Review in Hannover, stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

 

Top Meldungen aus Leute