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Ex-Kommissionspräsident Prodi zupft Journalistin an Haaren

Italiens früherer Regierungschef ist über sein Heimatland hinaus hoch angesehen. Jetzt allerdings gibt es Kritik wegen einer Geste in einem Interview − auch aus den eigenen Reihen.

Rom (dpa) − Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat im Interview einer italienischen TV-Journalistin der Frau nach einer vermeintlich unpassenden Frage an den Haaren gezupft. Der 85-Jährige, der auch zweimal italienischer Regierungschef war, steht deshalb in der Kritik − zumal er anfangs bestritten hatte, dass sich die Szene so zugetragen habe. Prodi behauptete, der Frau nur die Hand auf die Schulter gelegt zu haben.

 

Auf einem jetzt veröffentlichten Video ist jedoch klar zu sehen, wie der Mitte-Links-Politiker der Frau, die ihm mit einem Mikrofon gegenübersteht, mit der Hand ins Haar fasst und leicht daran zupft. Zuvor hatte ihm die Journalistin Lavina Orefici, die für den Privatsender La7 arbeitet, eine Frage zu einem aktuellen Streit um die italienische Europapolitik gestellt. Prodi entgegnete ihr: „Was zum Teufel fragen Sie mich? Haben Sie einen Sinn für Geschichte oder nicht?“ Dazu gestikuliert er mit den Händen. 

 

Dann doch eine Entschuldigung

Orefici wehrte sich nicht gegen die Berührung in dem Interview. Später erklärte sie, so etwas habe sie in ihrer gesamten Berufszeit noch nicht erlebt. Prodi rechtfertigte sich bei einem Termin in Brüssel mit den Worten: „Die Zeit klärt viele Dinge. Die Leute verwechseln Zuneigung mit Aggression.“ Am Abend entschuldigte er sich. „Ich habe einen Fehler gemacht, und es tut mir leid.“

 

Von Italiens rechten Regierungsparteien kommt viel Kritik. Aber auch im eigenen Lager handelte sich Prodi Ärger ein. Die sozialdemokratische Politikerin Jasmine Cristallo sagte, für ein solches Verhalten gebe es keine Rechtfertigung. Andere Politiker aus der Opposition stellten sich hinter ihn. Journalistenverbände hielten dem ehemaligen Kommissionspräsidenten vor, mit einem solchen Verhalten Grenzen zu überschreiten. 

 

Prodi leitete die EU-Kommission von 1999 bis 2004. Zwischen 1996 und 1998 sowie 2006 und 2008 war er italienischer Ministerpräsident. Er galt als wichtiger Gegenspieler des inzwischen gestorbenen mehrfachen Regierungschefs Silvio Berlusconi.