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NZZ schießt scharf gegen Faktenchecker: „Staatlich unterstützte ideologisch kontaminierte Wahrheitsfinder“

NZZ schießt scharf gegen Faktenchecker: „Staatlich unterstützte ideologisch kontaminierte Wahrheitsfinder“ Morten Freidel (Foto: NZZ Deutschland)

„Wie Faktenchecker die Unwahrheit verbreiten und die Debatte vergiften“, schreibt der stellvertretende Chefredakteur der NZZ Deutschland, Morten Freidel.

Berlin – „Immer wieder heißt es, das Ende der Faktenprüfer gefährde die öffentliche Diskussion bei Facebook und anderswo. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Es ist genau andersherum“, fasst der stellvertretende Chefredakteur der NZZ Deutschland Morten Freidel am vergangenen Samstag in einer Feuilleton-Geschichte der NZZ zusammen.

 

Freidel fragt: „Verbreitet sich ohne Faktenprüfer, die Inhalte auf den digitalen Plattformen durchleuchten, die Lüge? Andersherum gefragt: Verhelfen Faktenprüfer der Wahrheit zum Durchbruch?“

 

Eine genaue Bestandsaufnahme der NZZ ergebe ein anderes Bild. Sie zeige, dass Faktenprüfer in Deutschland häufig gar keine Tatsachen prüften, sondern Meinungen bewerteten: „Sie belegt, dass selbst umstrittene Einschätzungen solcher Prüfer prominent auf Facebook oder Instagram platziert wurden und so die Diskussion verzerrten. Und dass Gerichte Facebook bereits in mehreren Fällen untersagt haben, sie weiterzuverbreiten.“

 

Freidel gibt Beispiele dazu: Im Winter 2021 erschien beispielsweise ein Artikel des Blogs „Achse des Guten“, der die staatliche Unterstützung für Krankenhäuser während der Corona-Krise kritisierte. Der Autor warnte, dass die Prämie für die Behandlung von Corona-Patienten zu Anreizen führen könnte, auch weniger kranke Menschen länger im Krankenhaus zu behalten. Facebook markierte den Artikel als „irreführend“ und verlinkte auf einen Faktencheck von Correctiv, der jedoch die These des Autors nicht widerlegte. Ein Oberlandesgericht entschied schließlich, dass der Faktencheck irreführend war, da er sich mit Werturteilen statt mit überprüfbaren Tatsachen befasste und Facebook untersagte, den Beitrag weiterhin als „irreführend“ zu kennzeichnen.

 

Faktenprüfer liefen oft in eine Falle, schreibt Freidel: „Sie versuchen politische Einstellungen zu bewerten. Sie wollen nicht nur prüfen, ob bestimmte Straftaten wegen Migration zugenommen haben. Sie wollen eine Aussage darüber treffen, ob Einwanderung gut oder schlecht ist.“

 

Freidel zitiert schließlich am Ende seines Artikels den Medienanwalt Joachim Steinhöfel, der zahlreiche erfolgreiche Klagen gegen Faktenchecks auf Facebook geführt habe. „Ich möchte nicht, dass staatlich unterstützte ideologisch kontaminierte Wahrheitsfinder darüber befinden, was richtig oder falsch ist.“ Die Plattformen müssten Inhalte, die gegen ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen verstießen, schon selbst entfernen. Besser sei es aber, „sie akzeptieren diese so weit wie irgend möglich zur Wahrung der Meinungsfreiheit“.

 

Trotzdem findet Steinhöfel laut NZZ es richtig, Tatsachenbehauptungen oder Aussagen von Politikern zu überprüfen. Er schlägt allerdings einen altmodischeren Begriff dafür vor. Er lautet Journalismus.