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Simon Wiesenthal Center wirft Bauer Media Group Verherrlichung des Nationalsozialismus vor

Schwere Vorwürfe erhebt das Simon Wiesenthal Center gegen die Bauer Media Group. Eine Zeitschrift des international erfolgreichen Hamburger Medienhauses ("Closer", "Bravo", "tina") soll den Nationalsozialismus verherrlichen.

Berlin - Das Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium nehmen die Vorwürfe ernst und überprüfen die mit einer Studie untermauerten Vorwürfe.  Die Bauer Media Group wehrt sich. Eine Sprecherin erklärt: "Alle Publikationen der Bauer Media Group stehen im Einklang mit den in Deutschland geltenden Gesetzen".

Um was es geht

Stein des Anstoßes ist die Zeitschrift "Der Landser", ein kriegsverherrlichender Heftroman. Das unscheinbare Magazin, das auf dünnem Papier wöchentlich in kleinem, DIN A5-Format erscheint und von der Haptik an Groschenromane erinnert, verspricht seit 1957 "Erlebnisberichte vom Frontgeschehen des Zweiten Weltkrieges".

 

Aktuelle Titelseite der in der Bauer Media Group (Pabel-Moewig-Verlag) erscheinenden Zeitschrift "Der Landser".

In einer Eigenbeschreibung heißt es: "Aus der Sicht der kämpfenden Truppe und durch die Erinnerung einzelner Personen wird die größte kriegerische Auseinandersetzung der Weltgeschichte in ihrer ganzen Dramatik deutlich. Anhand von Einzelschicksalen werden dem Leser die ungeheuren Strapazen und Opfer aufgezeigt, die der Krieg 1939–1945 tagtäglich von den Soldaten und Offizieren forderte. Ob in den stählernen Röhren unter Wasser, als Jagdflieger gegen alliierte Bomberpulks oder als einfacher Soldat im mörderischen Ringen in den Weiten Russlands - der Leser ist hautnah dabei."

Die Hefte sind stets ähnlich aufgebaut: Titelseite, auf Seite 2 wird ein Soldat im Kurzporträt vorgestellt, dann eine das komplette Heft ausfüllende Geschichte, auf der dritten und vierten Umschlagseite wird in der aktuellen Ausgabe (Nr. 2888, Titelthema "Tod an der Reichsgrenze") das Schlachtschiff Maryland in Wort und Bild vorgestellt. Anzeigen gibt es keine. Wie hoch die Auflage für "Der Landser" ist, gibt der Verlag nicht an.

Die Vorwürfe

In einer eigens angefertigten Studie, die der deutsche Journalist und Historiker Dr. Stefan Klemp erstellt hat und die Newsroom.de vorliegt, kommt das Simon Wiesenthal Center zu dem Schluss, dass "Der Landser", der im Bauer-Verlag Pabel-Moewig erscheint, Paragraph 86 des Strafgesetzbuches verletzt, der unter anderem auch die Verherrlichung des Nationalsozialismus verbietet.

In der Studie kommt das Simon Wiesenthal Center zu dem Ergebnis, dass "Der Landser" den Krieg reduziert auf Geschichten der deutschen Helden und absichtlich die Verbrechen ignoriert, die von den Soldaten begangen wurden, als ob sie irrelevant seien. Der Krieg scheint ein Abenteuer zu sein, wenn auch mit einigen Verletzten. Die meisten Geschichten befassen sich mit der Wehrmacht, andere Geschichten befassen sich mit der SS und der Polizei im gleichen positiven Stil." Zudem, so geht es aus der Studie hervor, würden Soldaten der "SS Division Totenkopf" als Helden vorgestellt: "Das Simon Wiesenthal Center glaubt, dass durch die Präsentation von Mitgliedern der Waffen SS und der berüchtigten Totenkopf-Einheit und anderer Nazi-Kriegsverbrecher als deutsche Helden, "Der Landser" die Erinnerung an den Holocaust entweiht und den Nationalsozialismus verherrlicht."

Bauer Media Group wehrt sich gegen Vorwürfe

Gegenüber Newsroom.de nimmt Claudia Bachhausen, Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Bauer Media Group, Stellung zu den Vorwürfen. Sie sagt: "Alle Publikationen der Bauer Media Group stehen im Einklang mit den in Deutschland geltenden Gesetzen. Das gilt auch für „Der Landser“. Die deutsche Öffentlichkeit ist äußerst sensibel und aufmerksam, wenn es um die mit dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Themen geht, insbesondere um die Naziverbrechen. Die diesbezüglichen Gesetze sind sehr streng. „Der Landser“ ist bereits seit 1957 auf den Markt. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat die Publikation wiederholt überprüft. Es gab keine Beanstandungen. Zusätzlich lässt der Verlag freiwillig jede Ausgabe presserechtlich überprüfen. Der Verlag legt größten Wert darauf, dass darin weder der Nationalsozialismus verherrlicht wird, noch Naziverbrechen verharmlost werden".

 

So sieht die erste Seite der englischsprachigen Studie des Simon Wiesenthal Centers aus, die Newsroom.de vorliegt.

 

 

Bundesministerien nehmen amerikanische Vorwürfe ernst

"Das Bundesjustizministerium hat den Brief des Simon Wiesenthal Centers, dem die entsprechende Studie beigefügt ist, mit der Bitte um strafrechtliche Prüfung der "Landser"-Publikation erhalten. Das Anliegen wird ernst genommen", heißt es aus dem Ministerium gegenüber Newsroom.de.  Auch das "Bundesinnenministerium nimmt das Anliegen des Simon Wiesenthal Centers nach einer Prüfung der Zeitschrift „Der Landser“ auf strafbare Inhalte ernst. Es wird sich mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) und dem für die BPjM zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) über die weitere Vorgehensweise abstimmen", teilte ein Sprecher Newsroom.de mit.

Er erklärt: "In Deutschland verbietet eine Reihe von Straftatbeständen die Verwendung und Propagierung von Symbolen und Gedankengut des Nationalsozialismus (NS). Von zentraler Bedeutung sind hierbei vor allem die §§ 86, 86a des Strafgesetzbuches (StGB) (Verbreiten und Verwenden von Propagandamitteln; Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB, durch den z.B. auch die Leugnung von NS-Verbrechen strafrechtlich geahndet werden kann. Zuständig zur Prüfung, ob in Bezug auf diese Straftaten ein Anfangsverdacht nach § 152 Strafprozessordnung (StPO) vorliegt, ist die für den Sitz des die Zeitschrift „Der Landser“ herausgebenden Verlages wie auch die für den Ort des Vertriebes örtlich jeweils zuständige Staatsanwalt.

Der strafrechtliche Rahmen zur Bekämpfung der Verwendung/Propagierung von NS-Symbolen und NS-Gedankenguts – darunter der Leugnung des Holocaust – trägt der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands Rechnung. Eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von neonazistischer und rassistischer Propaganda nimmt daher in Deutschland einen besonderen Stellenwert ein."

In den vergangenen 25 Jahren, so heißt es aus der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, sei keine Ausgabe von "Der Landser" indiziert worden.

Wird "Der Landser" verboten?

Dazu wollte sich zwar kein Sprecher äußern, das werden die Untersuchungen ergeben, die durchaus mehrere Wochen, mehrere Monate in Anspruch nehmen können. Der Imageschaden, dass sich die deutsche Politik mit einer Publikation aus dem eigenen Haus beschäftigt und die Vorwürfe "ernst nimmt", ist für die stark auf internationale Expansion setzende Bauer Media Group groß. Gerade in den USA, in denen das Simon Wiesenthal Center seinen Sitz hat und einen exzellenten Ruf genießt, veröffentlicht der Verlag einige erfolgreiche Zeitschriften und Online-Publikationen, deren Entwicklung unter den Vorwürfen leiden kann.

Bülend Ürük