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Frankfurt: „Blitz-Tip“ wird endgültig eingestellt

Sie haben gekämpft, der Geschäftsführung Angebote gemacht, doch es hat nichts gebracht – der „Blitz-Tip“, diese geniale Erfindung des legendären Gründers Horst Vatter, wird komplett eingestellt. Die letzte Ausgabe erscheint bereits an diesem Samstag, 29. September 2012.

Frankfurt – Neben der Nürnberger „Abendzeitung“ wird die deutsche Presselandschaft damit auch um den „Blitz-Tip“ ärmer. Auch die „Abendzeitung“ erscheint am Samstag zum letzten Mal. Dabei hatten sie in Frankfurt auf eine Einigung gehofft, NEWSROOM hatte mehrfach berichtet.

In der Main-Metropole wird der gesamte Geschäftsbetrieb eingestellt, wie Verlagsgeschäftsführer Michael Bamberger in dieser Woche der Belegschaft mitteilte. Bereits im September erhalten die Mitarbeiter nach unseren Informationen kein Gehalt mehr, sollen aber über den 30. September hinaus noch weiterhin zur Arbeit kommen.

Die Blitz-Tip-Insolvenz begründen die Eigentümer – der Hannoveraner Medienkonzern Madsack und DuMont-Tochter „Frankfurter Rundschau“ – mit hohen wirtschaftlichen Verlusten aufgrund des äußerst ruinösen Wettbewerbs im Rhein-Main-Gebiet.

Ad absurdum wird diese Argumentation aber von der „Frankfurter Rundschau“ geführt – ab dem 6. Oktober 2012 bringt der Verlag, der bislang keine Anzeigenblatterfahrung vorweisen kann, eine eigene Anzeigenzeitung heraus. Das Wochenblatt mit dem Titel „Mein Samstag“ soll Anzeigenkunden einen lückenlosen Werbeauftritt garantieren. In dem Brief der "Frankfurter Rundschau" an die Anzeigenkunden heißt es: "Die Frankfurter Rundschau, die auflagenstärkste Tageszeitung in Frankfurt-Rhein-Main, hat nach einigen Jahren ein eigenes Anzeigenblatt kreiert und wird mit diesem den Blitz Tip ersetzen.Der Blitz Tip wird auf Grund der Insolvenz am 29.9.2012 ein letztes Mal erscheinen und ab dem 06.10.2012 durch Main Samstag ersetzt werden. Um einen lückenlosen Werbeauftritt für Sie zu gewährleisten, bieten wir Ihnen mit dem reichweitenstärksten Anzeigenblatt Main Samstag die neue Werbeplattform für Ihr Unternehmen."

„Es ist für uns nicht nachzuvollziehen, dass die Frankfurter Rundschau als Gesellschafter des „Blitz-Tip“ in ein Anzeigenblatt „Main Samstag“ investieren kann, während die Mitarbeiter des Verlages „Blitz-Tip“ keine Gehälter mehr bekommen und wohl auch noch damit rechnen müssen, dass keine Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden können“, so der Blitz-Tip-Betriebsrat Thomas Mühlhause zu NEWSROOM.


Verhandlungen über einen Sozialplan und einen Interessenausgleich waren in der Vergangenheit gescheitert. Die Mitarbeiter werfen den Arbeitgebern vor, dass sie durch ihre kompromisslose Verhandlungsführung keine Annäherung wollten. „Von Verhandlungen kann eigentlich keine Rede sein. Die Interessen der Geschäftsführung sind darauf fokussiert, die Betriebsstilllegung so billig wie möglich abzuwickeln“, erklärte der Betriebsrat weiter.

Man sei auch in keine Überlegungen und Pläne der Geschäftsführung einbezogen worden – auch im Vorfeld nicht. „Wir bedauern die jetzige Situation außerordentlich, aber letztendlich liegt die Verantwortung für diese gesellschaftliche Entwicklung bei der Geschäftsführung“, so der Betriebsratsvorsitzende Thomas Mühlhause.

Hier dränge sich die Frage auf, so der Betriebsrat, was die Verlagsgesellschaft Madsack und die Frankfurter Rundschau unter einem sozialverträglichen Personalabbau verstehen.

Dass die SPD Medienholding ddvg, die sowohl Gesellschafter der Frankfurter Rundschau als auch der Verlagsgesellschaft Madsack ist, zu diesem unsozialen Verhalten gegenüber den Mitarbeitern des Verlags „Blitz-Tip“ nicht Stellung bezieht, sei ebenso fragwürdig, heißt es bei den Mitarbeitern in Frankfurt.

Der Blitz-Tip war unter Führung von Horst Vatter über 15 Jahre lang die größte Anzeigenzeitung Deutschlands. Als Kolumnist konnte der geschäftstüchtige Vatter sogar die konservative Edelfeder Hugo Müller-Vogg, einst FAZ-Herausgeber, heute unter anderem bei der Bild-Zeitung, gewinnen. Der „Blitz-Tip“ erscheint in einer Auflage von 830.000 Exemplaren. Alle verbliebenen „Blitz-Tip“-Mitarbeiter, über 40 an der Zahl, müssen sich neue Arbeitsplätze suchen.

Bülend Ürük