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Newsroom

Frankreich: Straßburg verliert letzte deutschsprachige Zeitung

Wer in diesen Tagen in Straßburg seine Osterferien verbringt, wird eine enttäuschende Feststellung machen, deutsche Lokalnachrichten aus dem Elsass gibt es nicht mehr. Die "Dernieres Nouvelles d'Alsace" hat die eigene deutschsprachige Ausgabe aufgegeben.

Straßburg - Seit Menschengedenken gab es im Elsass deutschsprachige Zeitungen. 1946 machte die französische Ausgabe der DNA nur 13 Prozent der Gesamtauflage aus. Heute scheint es genau umgekehrt zu sein, selbst im Elsass zieht Deutsch als Zeitungssprache offensichtlich keine neuen Leser mehr an.

Deutscher Drucker gründete "Dernieres Nouvelles d'Alsace"

Die erste Ausgabe der "Straßburger Neuesten Nachrichten" erschien am 1. Dezember 1877, Gründer war der deutsche Drucker Heinrich Ludwig Kayser. Das Traditionsblatt erscheint heute mit 19 Lokalausgaben, als erste französische Regionalzeitung ging das Blatt schon 1995 mit einer eigenen Internet-Präsenz online. Chefredakteur Dominique Jung verantwortet das Blatt und lenkt die rund 200 Journalisten des Verlags. Jung reagierte auf mehrfache Newsroom-Anfrage nicht.

Fünftes Buch jetzt überregionale Beilage

Die "alten" Abonnenten der zweisprachigen DNA-Ausgabe erhalten nun eine überregionale, magazinartige deutschsprachige Beilage, die von der kleineren Schwesterzeitung "L'Alsace" in Mulhouse produziert wird.

Den Vertrag mit der verantwortlichen Redakteurin hat der DNA-Verlag (gehört zum Mutterkonzern der deutschen Targo-Bank) aufgelöst, auch ihr Team, zu der ebenfalls Übersetzer gehörten, mussten den Verlag verlassen.

Die Internationale Medienhilfe, die sich für deutschsprachige Medien im Ausland einsetzt, wirft derweil der französischen Regierung vor, Schuld an dem Niedergang der DNA zu sein. Frankreich erkenne offiziell nicht an, dass es in seinen Grenzen Minderheiten gebe: "Die Minderheitenmedien der Elsässer, Bretonen oder Korsen werden systematisch benachteiligt. Ihnen werden Fördergelder vorenthalten, die in anderen EU-Ländern üblich sind. In Ostfrankreich versuchen staatliche Stellen auch mit verschiedensten Mitteln zu verhindern, dass die über eine Million deutschsprachigen Elsässer rein muttersprachliche Medien publizieren. Bis vor kurzem war dies sogar noch bei Strafe verboten. Insbesondere Sport- und Jugendnachrichten sollen nicht auf Deutsch erscheinen." Die Situation der Elsässer, so die IMH, sei erheblich schlechter als die von deutschsprachigen Minderheiten in Rumänien oder Ungarn.

Die zweisprachige DNA (früher am Kiosk erkennbar am blau eingefärbten DNA-Logo) hatte zuletzt noch eine Auflage von knapp 20.000 Exemplaren. "Ihr Tod ist eine kulturelle Tragödie", so Björn Akstinat von der Internationalen Medienhilfe zu Newsroom. "Straßburg ist die Wiege der deutschsprachigen Presse." 1605 gründete der Drucker Johann Karolus in der elsässischen Hauptstadt die "Relation". Es war die erste Zeitung in deutscher Sprache und zugleich die erste Zeitung der Welt.

Samstag große Demonstration

Inzwischen sehen aber auch immer mehr Franzosen, dass die Förderung der Regionalsprachen Wahrung der Kultur bedeutet. Das "Secretariat der Koordination Langue régionale" ruft am Samstag, 31. März, zur Demonstration für die Regionalsprachen auf (Start: Kléberplatz, Straßburg). Damit soll Nicolas Sarkozy, der sich oft ja seiner Nähe zur Bundeskanzlerin Angela Merkel rühmt, unter Druck gesetzt werden, um endlich die Europäische Charta für die Minderheitensprachen zu ratifizieren.

WAZ und PNP hatten Interesse

Schon Mitte der 90-er Jahre blickten deutsche Zeitungsmanager nach Frankreich und spielten mit dem Gedanken, bei "Les Dernieres Nouvelles d'Alsace" einzusteigen. Hätten sie es damals geschafft, würde es die deutschsprachige Lokalausgabe wohl noch geben.

Interesse bekundeten damals beispielsweise WAZ-Architekt Erich Schumann oder Franz-Xavier Hirtreiter. Der Begründer des unglaublichen Aufstiegs der Verlagsgruppe Passau hatte sich in die "Dernières Nouvelles d'Alsace" schlichtweg verliebt und vom damaligen Eigentümer Philippe Hersant sogar bereits per Handschlag den Zuschlag erhalten. Die Übernahme scheiterte allerdings - an der Intervention der französischen Regierung.

Bülend Ürük