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DPA/Von Hubert Kahl

TV-Show weckt Geister der Vergangenheit - Salazar bester Portugiese?

Die Portugiesen wählten zur Überraschung der TV-Verantwortlichen den früheren Diktator António Oliveira Salazar (1889 bis 1970) und den langjährigen Kommunistenführer Alvaro Cunhal (1913-2005) in die Runde der «besten zehn Portogiesen».

Lissabon/Madrid (dpa) - Wer ist der bedeutendste Portugiese aller Zeiten? Diese Frage stellte das staatliche portugiesische Fernsehen RTP seinem Publikum vor einem halben Jahr. Der Sender schlug den Zuschauern unter anderem den Ex-Präsidenten Mário Soares, die Fußball-Legende Eusébio oder die Fado-Sängerin Amália Rodrigues («Die Stimme Portugals») vor. Aber weder der Politiker noch das Sportidol noch die Musikerin gelangten in die Endausscheidung.

Stattdessen wählten die Portugiesen zur Überraschung der TV-Verantwortlichen den früheren Diktator António Oliveira Salazar (1889-1970) und den langjährigen Kommunistenführer Alvaro Cunhal (1913-2005) in die Runde der «besten Zehn». Sie brachten damit den Sender in eine peinliche Lage. In den Medien zirkulieren seit Wochen Gerüchte, Salazar liege bei der Abstimmung vorn und könne am Ende gar als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen.

Dabei hatte die RTP sich ihre Show so schön gedacht: Sie sendete in regelmäßiger Folge Porträts der Kandidaten und wollte so die Portugiesen in unterhaltsamer Form über die Geschichte ihres Landes informieren. Als Vorbild für «Os Grandes Portugueses» (Die großen Portugiesen) diente die Sendung «Great Britons» des britischen Senders BBC, bei der der Ex-Premier Winston Churchill zum bedeutendsten Briten gewählt worden war. In Deutschland erhielt 2003 in der ZDF-Show «Unsere Besten» der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer die meisten Stimmen.

In Portugal bekamen die Fernsehmacher noch vor Ermittlung des Endergebnisses herbe Kritik zu hören. Die RTP musste sich vorwerfen lassen, die von Salazar geschaffene Diktatur des «Estado Novo» (Neuer Staat) reinzuwaschen. Das von Salazar errichtete Regime hatte in Portugal fast 50 Jahre geherrscht und das Land in eine völlige Erstarrung geführt. Es wurde 1974 von jungen Offizieren mit der «Nelkenrevolution» gestürzt.

Namhafte Wissenschaftler protestierten gegen die TV-Sendung. «Der Wettbewerb ist eine nationale Schande», meinte der Historiker José Mattoso. Ex-Präsident Soares meinte: «Das Programm ist unmöglich und dumm», vergaß aber nicht hinzuzufügen: «Meine Kritik hat nichts damit zu tun, dass ich nur auf dem zwölften Platz gelandet bin.» Der private Sender SIC machte sich über die staatliche Konkurrenz lustig und rief in einer Satiresendung zur Wahl des «schlechtesten Portugiesen» auf. Der «Sieger»: Salazar.

Die RTP entschied, bis zum Ende der Wahl die Ergebnisse geheim zu halten. Dabei hatte der Sender Salazar eigentlich gar nicht zur Wahl stellen wollen und den rechtsgerichteten Diktator erst auf Grund von Protesten nachträglich auf seine Vorschlagliste gesetzt. Ironie des Schicksals: Der Sender, der in diesen Tagen sein 50-jähriges Bestehen feiert, war vom Salazar-Regime gegründet worden.

«Mehr als 30 Jahre nach dem Ende der Diktatur kommt die portugiesische Demokratie mit der Figur Salazars nicht zurecht», meint der Historiker José Pacheco Pereira. So etwas wie eine Aufarbeitung der Vergangenheit habe es nicht gegeben. «Dies ist für Portugal ein ungelöstes Problem.»