Vermischtes
dpa - Anna Ringle und Christiane Oelrich

40 Jahre 3sat − wie geht es mit dem Kultursender weiter?

Kultur, Alpenpanorama, Wissenschaft: Seit 40 Jahren sendet 3sat aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Zukunft ist unklar.

Berlin (dpa) − Nachrichten aus Österreich, Bücherempfehlungen aus Deutschland und Wissenschaftsinfos aus der Schweiz: Vor 40 Jahren − am 1. Dezember 1984 − sendete der TV-Kanal 3sat zum ersten Mal. Heute steht 3sat vor allem für seine Expertise in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Der Sender wird von den öffentlich-rechtlichen Sendern von ZDF und ARD sowie ORF in Österreich und SRG in der Schweiz getragen. Doch das Jubiläum ist getrübt − denn es geisterten Fusionspläne herum und diese versetzten viele in helle Aufregung. Nicht nur deshalb ist die Zukunft unklar.

 

„Eine absolut bescheuerte Idee“

Obwohl Nischensender, war 3sat zuletzt gefühlt DAS Medienthema in Deutschland. Eine Welle der Liebe und Sympathie kam auf. Zugleich trieb Kulturschaffende, 3sat-Fans und Wissenschaftler auf die Palme, was in einem Entwurf zur Rundfunkreform aus der Feder der Bundesländer zu lesen war. Viele interpretierten es so: 3sat könnte mit Arte fusionieren. Der deutsch-französische TV-Sender Arte − perspektivisch womöglich eine europäische Plattform − sollte dabei der starke Partner sein. Die Folge: Petitionen für den Erhalt des Kultursenders 3sat machten die Runde. Leute gingen auf die Straße.

 

Wissenschaftlerin Alena Buyx erzählte vor ein paar Wochen beim Fest-Empfang zu 40 Jahre 3sat in Berlin in ihrem Grußwort, sie habe den Telefonhörer in die Hand genommen und Entscheidungsträgern gesagt, „was das für eine absolut bescheuerte Idee ist, 3sat aufzulösen“. Am Abend des 7. November in der österreichischen Botschaft in Berlin waren viele Freunde, Rundfunkräte und Gesichter von 3sat zu sehen. Ministerpräsidenten oder Medienpolitiker dagegen: Fehlanzeige.

 

„Keine Fusion“

Wie sieht denn jetzt der genaue Plan der deutschen Bundesländer, die für Medienpolitik zuständig sind, aus? Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es bleibt irgendwie schwammig nach dem kürzlichen Beschluss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in Leipzig.

 

Die vielleicht griffigste Aussage kam vom rheinland-pfälzischen Regierungschef Alexander Schweitzer (SPD): „Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen.“ Die beiden Kultursender soll es laut Staatsvertragsentwurf weiterhin als Fernsehprogramme geben. In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen „Inhalte des Vollprogramms 3sat“ in das Programm und die Mediathek von Arte sowie in die Hauptprogramme von ARD und ZDF „überführt“ werden. Eine Zeitangabe wird nicht gemacht. Eine Verpflichtung bestehe nicht. 

 

In einer früheren Version hatte es noch gelautet: In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen die Inhalte von 3sat „teilweise oder vollständig“ in das Arte-Programm und dessen Digitalangebote „überführt werden“. Eine Verpflichtung bestehe nicht, hieß es auch damals in den Anmerkungen der Länder zur Reform.

 

Weiter als fortlaufendes Fernsehprogramm

Die beteiligten Sender zeigten sich auf dem Empfang einig: Man steht für den Erhalt von 3sat ein. Auf die Frage, ob der gewünschte Erhalt von 3sat auch bedeute, dass es langfristig einen eigenständigen TV-Kanal mit linearer Ausstrahlung geben soll, sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler der Deutschen Presse-Agentur: „Ich möchte, dass die Inhalte, für die 3sat steht, auch erfolgreich in der Zukunft ihr Publikum finden. Dafür brauchen wir Verbreitungswege, die dafür geeignet sind.“ Er ergänzte: „Es kann gut sein, dass eines Tages die gemeinsamen Mediatheken dafür der erfolgversprechende Weg sind. Solange wir aber noch so viele Zuschauerinnen und Zuschauer auch über das lineare Programm erreichen, müssen wir das auch erhalten.“ Mit linear ist das fortlaufende klassische TV-Programm gemeint.

 

Nach früheren ZDF-Angaben war der Marktanteil von 3sat mit 1,4 Prozent im Jahr 2023 einer der erfolgreichsten in der Sendergeschichte. Die Zahl der täglichen Visits auf der 3sat-Mediathek wurden auf 123.000 beziffert. 2022 waren es 115.000 Sichtungen pro Tag gewesen. Dieses Jahr geht die Finanzkommission KEF laut einem Sonderbericht davon aus, dass der Aufwand für das 3sat-Programm bei 86,3 Millionen Euro liegen wird − das wäre eine Steigerung um rund 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

 

Die Gremienspitzen von ARD, ZDF, ORF und SRG wollen nach eigenen Angaben 3sat stärken. Ohne den Sender fehle ein wichtiger kulturpolitischer Baustein im deutschsprachigen Raum. „Es ist daher wichtig, dass hier auch künftig möglichst alle Ausspielwege weiter genutzt werden und sich gegenseitig verstärken können“, teilte der Vorsitzende der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz, Engelbert Günster, mit.

 

Was 3sat-Moderator Gert Scobel zu bedenken gibt

Einer der bekanntesten Moderatoren von 3sat ist Gert Scobel. Er sagte auf dem Fest auf die Frage nach den Reformplänen: „Wenn man Programm in ein anderes 24-Stunden-Programm einbindet, heißt das: Was anderes fliegt raus. Es sei denn, man produziert „nur“ online.“ Scobel führt weiter unter Berufung auf empirische Zahlen, die er über Mediatheken kenne, aus, dass der reale Internetverkehr noch vergleichsweise gering sei. Er nimmt drastische Worte in den Mund: „Damit wäre Öffentlich-Rechtlich tot.“ Wenn das die Idee sein solle, perspektivisch Öffentlich-Rechtlich ins Internet zu „schieben, heißt das: Man schafft es ab“.

 

Unsicherheitsfaktor Schweiz

Abseits der Pläne in Deutschland, über die noch alle Landtage abstimmen müssen, gibt es für 3sat einen weiteren Unsicherheitsfaktor − in der Schweiz. Der Schweizer Anteil am Gesamtprogramm von 3sat ist mit zehn Prozent der kleinste. Das staatliche Fördergeld dafür soll ab 2027 gestrichen werden. Es macht etwa die Hälfte der rund 7,7 Millionen Franken (rund 8,2 Millionen Euro) aus, die der öffentliche Schweizer Sender SRG für seine 3sat-Beteiligung jedes Jahr ausgibt. Die laufende Vereinbarung über die Fördergelder endet Ende 2026. 

 

Endgültig entschieden ist aber noch nichts. Das Finanzministerium hat die Streichung der Gelder im Rahmen eines größeren Sparpakets vorgestellt. Dazu gibt es zunächst noch Konsultationen mit Betroffenen, ehe sich das Parlament im nächsten Jahr mit dem Sparpaket befasst.