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5 Tipps aus der wahrscheinlich besten „Journalisten-Werkstatt“: Interviews sensibel führen

5 Tipps aus der wahrscheinlich besten „Journalisten-Werkstatt“: Interviews sensibel führen Wie Menschen sich öffnen …

Wie wir Menschen zum Reden bringen, ohne ihnen zu schaden, und so richtig gute Geschichten entstehen, zeigt Marius Elfering.

Berlin – Sensible Gespräche haben bessere Ergebnisse. Wie Interviews in belasteten Situationen gelingen, Menschen sich öffnen und so wertvolle Geschichten entstehen, zeigt die neue „Journalisten-Werkstatt“ von Marius Elfering. Er ist überzeugt, über sensible Gesprächsführung nachzudenken,  lohnt sich öfter, als Journalistinnen und Journalisten vielleicht annehmen. Und er gibt unter anderem fünf Tipps,  um Vertrauen zu gewinnen und sensibel geführte Gespräche zu planen.

 

1. Prüfe die Relevanz

In Redaktionen und unter Freien ist der Druck, neue Geschichten zu finden und Menschen erzählen zu lassen, groß. Geschichten, bei denen wir mitfühlen, mitbangen, mitgehen können, haben Kraft. Aber Emotionalität allein darf kein Kriterium sein. Geschichten, die wir erzählen wollen, sollten für mehr stehen. Es bringt nichts, die Hinterbliebenen oder Opfer eines Verbrechens durch stundenlange Gespräche in emotionale Grenzerfahrungen zu bringen und eine Reaktualisierung des Traumas zu riskieren, nur um den tausendsten True-Crime-Podcast produzieren zu können. Es hilft niemandem, die Überlebenden von Terroranschlägen kurz nach den Ereignissen am Gartenzaun zu belagern, nur um eine Geschichte zu haben. Wenn wir sensible Interviews führen, müssen wir die Relevanz des Themas im Blick haben. Berichten wir über systemische Missstände, die wir gut anhand von Einzelschicksalen erklären können? Hat der Einzelfall einen journalistischen Mehrwert, der über die bloße Abbildung von Leid, Tod und Trauer hinausgeht? Ist der Einzelfall so relevant, dass systemische Fragen in den Hintergrund rücken können? Auch der zeitliche Horizont spielt eine Rolle. Aktuelle Berichterstattung, bei der man die Opfer und Hinterbliebenen von schrecklichen Ereignissen vor das Mikrofon oder die Kamera zieht, kann das Vertrauen in den Journalismus beschädigen. Ein gemeinsames Zurückblicken, die journalistische Begleitung von Aufarbeitungsprozessen,  ruhige und gut geplante Gespräche mit ein wenig zeitlichem Abstand zu den tatsächlichen Ereignissen können Vertrauen fördern. Prüfe also vor schwierigen, emotionsgeladenen Themen immer die Relevanz.

 

2. Nimm dir Zeit für die Anfrage

Schnell zum Hörer greifen und kurzfristig ein gemeinsames Interview vereinbaren? Bei vielen Themen, die eine besondere Sensibilität erfordern, ist genau das eben nicht so einfach. Gib deinem Gegenüber Raum und Zeit, sich Gedanken zu machen, ob er oder sie sich öffnen möchte. Bei einem solchen Erstkontakt lohnen sich ausgeruhte E-Mails oder auch Briefe. Ja, auch handschriftlich! Warum könnte ein Gespräch mit einem Journalisten oder einer Journalistin sinnvoll sein? Wie bist du auf die Person gekommen und welche zentralen Fragen beschäftigen dich? Mach dein Anliegen klar und vermittle gleichzeitig das Gefühl, dass die Entscheidung beim Gegenüber liegt. Bei Menschen, die Schlimmes erlebt haben und möglicherweise traumatisiert sind: Biete offen an, dass sie auch Nein sagen können. Du wirst merken, wie viele sich nach einer solch einfühlsamen Anfrage öffnen werden.

 

3. Plane das Vorgespräch gut

Ist der erste Kontakt zustande gekommen und die Person einer journalistischen Begleitung oder Gesprächen gegenüber nicht abgeneigt, solltest du ein Vorgespräch vereinbaren. Manchmal ist dies nur telefonisch möglich. Besser ist jedoch der persönliche Austausch. Das Vorgespräch ist nur ein gegenseitiges Annähern. Ihm kommt aber gerade bei traumatisierten Personen oder jenen mit sehr persönlichen und schwierigen Geschichten eine besondere Bedeutung zu. Beim Vorgespräch solltest du unterschiedliche Dinge angehen: Schlage eine mögliche Anzahl an Gesprächen vor, falls du dies abschätzen kannst. Falls du Mikrofone benutzt, zeige sie der Person vorab schon einmal und erkläre, dass man sich schnell an sie gewöhnt. Frage noch mal nach, ob die Person sich sicher ist. Hat sie mit jemandem über die Anfrage gesprochen? Wird sie therapeutisch begleitet? Wie lange sollten die Gespräche maximal dauern? Gibt es Zeichen für Pausen? Welche Hoffnungen verbindet das Gegenüber mit ihrer Entscheidung, zu sprechen? Beim Vorgespräch geht es nicht darum, tief ins Thema einzusteigen, sondern sich kennenzulernen und eine Vertrauensbasis zu bilden. Wenn das Vorgespräch gut läuft, wird der Gesprächspartner sich beim ersten inhaltlichen Interview entspannter fühlen und kann sich besser auf die Situation einlassen. Viele dieser Aspekte klingen banal, doch sie helfen den Gesprächspartnern enorm.

 

4. Betreibe Erwartungsmanagement

5. Themenfelder können helfen

Zu den Tipps

 

  • Die Situationen
  • Die Vorbereitung
  • Die Psychologensicht
  • Das Gespräch
  • Die Betroffenen
  • Der Abschluss

Zur „Journalisten-Werkstatt

 

Zum Autor

Marius Elfering lebt und arbeitet als freier Journalist in Köln u. a. für den Deutschlandfunk, DLF Kultur und den WDR. Kern seiner journalistischen Arbeit sind Langzeitbegleitungen, u. a. von Menschen in besonders herausfordernden Lebenssituationen.