Vermischtes
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Bundesverwaltungsgericht hebt „Compact“-Verbot vorläufig auf

Das Bundesinnenministerium hat das rechtsextreme „Compact“-Magazin verboten. Jetzt hat das Blatt vor Gericht einen Teilerfolg erzielt. Das Bundesinnenministerium hält an Ermittlungen fest.

Leipzig (dpa/KNA) − Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremen „Compact“-Magazins im Eilverfahren vorläufig aufgehoben. Das teilte das Gericht in Leipzig mit. Damit kann das Blatt unter bestimmten Auflagen vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen. Das Gericht meldete vor allem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Verbots an.

 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte „Compact“ am 16. Juli verboten. Sie begründete das Vorgehen damit, dass das Blatt ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ sei. Das Verbot zeige, „dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen“.


„Compact“ hatte dagegen eine Klage sowie einen Eilantrag gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Verbots eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig. Über das Eilverfahren hat das Gericht jetzt entschieden. 


Dabei prüft das Gericht „summarisch“ die Erfolgsaussichten der Klage. Diese erschienen offen, teilte das Bundesverwaltungsgericht mit. Es könne derzeit nicht abschließend beurteilt werden, ob das Magazin den Verbotsgrund − sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu richten − erfülle.

 

Es ließen sich in den Veröffentlichungen zwar „Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde“ erkennen. Auch lasse sich aus vielen Beiträgen „eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen“ herauslesen. Zweifel bestünden jedoch, ob dies alles derart prägend sei, dass das „Compact“-Verbot mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei.

 

Weiter ermitteln

Trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das „Compact“-Verbot auszusetzen, führt das Ministerium die Ermittlungen weiter.

 

Das Bundesinnenministerium bekräftigt nach der Aussetzung des „Compact“-Verbots durch das Bundesverwaltungsgericht seine Absicht, das Verbot vor Gericht zu verteidigen. Eine Sprecherin des Ministeriums sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch, man habe das verfassungsfeindliche, aggressiv-kämpferische Agieren der COMPACT-Magazin GmbH in der Verbotsverfügung ausführlich begründet und durch Beweismaterial belegt.

 

Daher werde man seine Rechtsauffassung im nun anstehenden Hauptsacheverfahren weiter umfassend darlegen und den prägenden Charakter der Verfassungsfeindlichkeit weiter substanziieren, so die Sprecherin weiter. Auch die bei den Durchsuchungen sichergestellten Beweismittel werden vom Ministerium weiter ausgewertet.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Donnerstag in einem Eilverfahren entschieden, dass das Verbot einer der betroffenen Firmen, der COMPACT-Magazin GmbH, vorerst ausgesetzt werden muss. Grund dafür sei, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei. Es gebe zwar Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde und für eine verfassungsfeindliche Haltung. Es sei aber zweifelhaft, ob der Anteil der Beiträge, in denen diese Haltung zum Ausdruck kommt, für das gesamte Magazin derart prägend sei, dass ein Verbot verhältnismäßig sei. Vor einem Verbot eines ganzen Mediums müsse man immer auch mildere Mittel, beispielsweise presserechtliche Maßnahmen oder Veranstaltungsverbote in den Blick nehmen, so das Gericht weiter.

 

Journalisten-Verband begrüßt Entscheidung

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßte die Entscheidung des Gerichts als klares Bekenntnis zum Grundrecht der Pressefreiheit. Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster sagte: „Ich würde es begrüßen, wenn die Bundesinnenministerin ihren berechtigten Kampf gegen den Rechtsextremismus unter Beachtung der verbrieften Grundrechte führt.“

 

Ob das Verbot wieder in Kraft tritt, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in der Hauptverhandlung. Bis dahin dürfen die Herausgeber das Magazin weiter betreiben. Die Entscheidung des Eilverfahrens stellt keine Vorentscheidung dar, da das Gericht die inhaltliche Bewertung des Verbots offen gelassen hat und nur über den Zeitpunkt des Vollzugs entschied. Die Entscheidung des Gerichts betrifft nur die COMPACT-Magazin GmbH, die sich vor allem um das gedruckte Magazin kümmert, nicht aber andere in der Verbotsverfügung genannte Firmen oder Personen. Deren Eilanträge wurden abgewiesen.

 

Die Verantwortlichen bei Compact feierten die Entscheidung des Gerichts in einem Video auf dem X-Account des Herausgebers Jürgen Elsässer. Sie bezeichneten die Entscheidung als Sieg. Auch der X-Account des Magazins wurde wieder in Betrieb genommen, um Elsässers Beiträge zu teilen. Der Account hatte seit der Verkündung des Verbots Mitte Juli geruht.