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Christoph Schwennicke kritisiert Ex-Bild-Chef Kai Diekmann in der Migrationsdebatte scharf

Christoph Schwennicke kritisiert Ex-Bild-Chef Kai Diekmann in der Migrationsdebatte scharf Christoph Schwennicke (Foto: Reinaldo Coddou H. / T-Online)

In seiner Kolumne titelt das Mitglied der Chefredaktion von t-online: „Deutschland und die Migration: Staatsversagen? Nein, Versagen der Medien.“ Dabei geht Schwennicke den ehemaligen „Bild“-Lenker hart an und den Stern. Für Jan Feddersen von der taz bricht er eine Lanze.

Berlin – Christoph Schwennicke zitiert eingangs in seinem Meinungsstück bei T-Online Oppositionschef Friedrich Merz. Dieser sagte nach dem Anschlag von Solingen, dem Kanzler sei das Land entglitten. Für Schwennicke ist das eine viel zu einfältige Erklärung für ein komplexes Versagen über lange Zeit.

 

„Das Entgleiten hat vor fast zehn Jahren stattgefunden. Und dieses Land ist kollektiv entglitten. Ein Vorgang, vor dem ich bis heute fassungslos stehe. Eine kollektive Verirrung, deren Folgen, die jeder, der einigermaßen bei Vernunft war, sofort absehen konnte. Folgen, die sich alsbald einstellten. Aber erst fast zehn Jahre später zu einem geänderten Meinungsklima geführt haben“, meint Schwennicke. 

 

Das Chefredaktions-Mitglied von T-Online erinnert an eine Talkshow von Maybrit Illner, in der er Gast war. Damals stand Schwennicke noch an der Spitze des Cicero-Magazins: „Daniel Cohn-Bendit fiel förmlich über mich her, zog wörtlich Nazi-Parallelen, weil ich gesagt hatte, dass es nicht nur finanzielle und kapazitäre, sondern auch gesellschaftliche Grenzen gebe, die man mit dieser selbsttrunkenen Willkommenskultur absehbar überschreite.“

 

Für Schwennicke war die Mehrheit der Medien an diesem Entgleiten maßgeblich begleitet. Oder habe dieses Entgleiten sogar selbst ausgelöst. Schwennicke nennt hier den Stern an erster Stelle. Der Stern hatte damals im Juli 2015 (Chefredakteur war Christian Krug) Kanzlerin Angela Merkel mit stahlblauen Augen aufs Cover gepackt, darunter die Zeile „Die Eiskönigin“. Danach sei die Kanzlerin umgeschwenkt, will Schwennicke wissen. 

 

Die Medien sind aus seiner Sicht ihrer Rolle als kritisches Regulativ nicht nachgekommen. Schwennicke nennt in diesem Zusammenhang den damaligen Bild-Chefredakteur Kai Diekmann einen Aktivisten, „mit einem Button, den seine Zeitung erfand und den am Ende sogar Vizekanzler Sigmar Gabriel auf der Regierungsbank am Revers trug: ‚Refugees welcome‘.“ Diekmann habe zwar mit dem Button die Witterung jener Zeit schon richtig aufgenommen, findet Schwennicke. Nur eben in seiner Aufgabe als kritischer Beobachter habe Diekmann „komplett versagt“.

 

Bei seiner „Aufarbeitung dieses multiplen polit-medialen Organversagens bei der Migration“ sieht Schwennicke bei der taz einen Lichtblick, in Person des Autors Jan Feddersen: „ein aufgeklärter Linksliberaler von scharfem Verstand und mit einer ebenso scharfen, spitzen Feder“. Dieser Feddersen habe vor einigen Wochen, noch vor Solingen, „eine Art Anklageschrift an seine eigene Blase“ verfasst.

 

Feddersen schreibt in seinem Text „Einwanderung und Migration: Schluss mit Fluchtnostalgie“: „Was den Rechten aber am meisten dient, ist nicht das öffentliche Sprechen über Attacken im Alltag, sondern das begütigende Schweigen darüber. In der Tat sind nicht Menschen aus muslimischen Gesellschaften das Problem an sich. Aber ihren Milieus entstammen jene Täter, die in Deutschland die Idee des Willkommens zerstören. Es wird Zeit, dass die linke (alternative, grüne) Haltung zur ungesteuerten Einwanderung hinterfragt wird – aus Gründen der Humanität.“