Vermischtes
KNA – Wolfgang Wittenburg

„Das Grauen vorstellbar machen“: ZDF-Doku über die Arbeit von Journalisten in der Ukraine

Unter Lebensgefahr berichten sie vom Krieg in der Ukraine. Eine ZDF-Dokumentation begleitet zwei Journalisten in der Region bei ihrer Arbeit und zeigt sie als Mittler zwischen den Welten.

Mainz (KNA) – Schon Alexander der Große hatte die Bedeutung von Kriegsberichterstattung erkannt. Auf den Feldzügen des Königs von Makedonien waren bis zu seinem Tod im Jahr 323 vor Christus stets Schreiber dabei, um seine Kriegserfolge zu dokumentieren und zu verbreiten. Auch heute berichten Journalistinnen und Journalisten unter Lebensgefahr aus Kriegsgebieten. Die ZDF-Dokumentation „37 Grad: Gefährlicher Einsatz“ stellt am 28. Mai um 22.15 Uhr zwei von ihnen vor.

 

Damit die Öffentlichkeit weiß, was in der Ukraine geschieht und sich dazu eine Meinung bilden kann, gibt es journalistische Berichte aus dem vom Krieg erschütterten Land. Die Medienschaffenden gehen dabei ein hohes Risiko ein. Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen sind in der Ukraine bislang 13 Journalisten bei der Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg getötet worden. Auch die psychologischen Gefahren sind nicht zu unterschätzen: Denn wer Gewalt, Folter und Zerstörung dokumentiert, setzt sich diesen Eindrücken, Bildern und Geschichten ungefiltert aus.

 

„Die Anzahl der deutschen Journalisten, die in der Ukraine arbeiten, ist begrenzt. Daher gab es nicht sehr viele, die für eine filmische Begleitung in Frage kamen“, sagt der Berliner Filmemacher Daniel Sager über die Arbeit an seiner zweien Dokumentation für die ZDF-Reihe „37 Grad“.

 

Über Nacht zur Kriegsreporterin

Seltene Einblicke in ihren Arbeitsalltag gewährt Elisabeth. Die 29-Jährige hat keine Ausbildung zur Kriegsreporterin, ist aber – wie sie sagt – über Nacht dazu geworden. Als Russland am 24. Februar 2022 die große Invasion startete, studierte Elisabeth Slawistik in Kiew. Parallel dazu hatte sie begonnen, als freie Journalistin zu arbeiten, verließ die Ukraine und zog nach Berlin: „Ich wollte nicht unbedingt aus dem Krieg berichten. Ich hatte einen anderen Fokus. Auch in der Ukraine. Ich will den Fokus aber nicht aufgeben, weil hier Krieg ist.“

 

Trotz der Gefahren reist sie deshalb weiter regelmäßig in die Ukraine, um über das Leben der örtlichen Bevölkerung zu berichten. Ihr Vorteil ist, dass sie Ukrainisch spricht.

 

Das Filmteam darf auch Vincent begleiten, als der 36-jährige zum achten Mal zur Berichterstattung in die Ukraine reist. Der Berliner ist nicht nur Fotograf, sondern ein Geschichtenerzähler mit seiner Kamera. Vincent kennt seine Grenzen genau: „Keine Geschichte und kein Foto ist das eigene Leben wert.“ Das Filmteam ist dabei, wenn Vincent in geheimer Mission ein medizinisches Bataillon fotografiert, das verletzte ukrainische Frontsoldaten evakuiert. Über seine Motivation sagt Vincent: „Das Ziel ist, das Grauen vorstellbar zu machen.“

 

Kindgerechte Luftschutzkeller

Elisabeth und Vincent berichteten schon länger für etablierte Printmedien über die Ukraine; sie haben sowohl Sachkenntnis als auch Nähe zu den Menschen. „Beides war mir wichtig, denn ich wollte im Film auch der ukrainischen Perspektive Raum und den vom Krieg unmittelbar betroffenen Menschen eine Stimme geben“, erklärt Filmemacher Sager. Zugleich werden die Besonderheiten und die Schwierigkeiten bei der Ukraine-Berichterstattung thematisiert. „Wie groß die persönlichen Risiken sind, welche die Journalisten dafür eingehen, zeigt mein Film“, meint der Filmemacher.

 

Interessant ist die 30-minütige Doku „Gefährlicher Einsatz“ auch, weil Sager nicht auf brutale Schock-Bilder setzt. Vielmehr zeigt er das menschliche Drama – etwa Bilder einer Beerdigung von vier gefallenen Soldaten in einem Dorf in der West-Ukraine. Berührend fängt Sager auch den Besuch in einem Kindergarten in Butscha ein – kein Kind ist draußen auf dem Spielplatz, es gibt aber einen „kindgerechten Luftschutzkeller“.

 

Sager möchte mit seinem Film über Journalisten als Mittler zwischen den Welten sensibilisieren und Menschen eine Stimme geben, die im Alltag eher nicht gehört werden. Beides gelingt.