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Newsroom – Henning Kornfeld

„Gruner + Jahr wurde zertrümmert“: Andreas Leberts Kritik an den Verantwortlichen

„Gruner + Jahr wurde zertrümmert“: Andreas Leberts Kritik an den Verantwortlichen Andreas Lebert (Foto: Volker Wenzlawski)

Für Medienprofi Andreas Lebert ist es „vollkommen unverständlich“, wie mit dem Verlag verfahren wurde. Für den „Stern“ hat Lebert allerdings noch Hoffnung.

Hamburg – Er hat einst das „SZ-Magazin“ gegründet und leitet bei der „Zeit“ jetzt u.a. das Feuilleton. Im „kress pro“-Interview spricht Andreas Lebert auch über seine Zeit bei Gruner + Jahr, wo er Chefredakteur der „Brigitte“ war. Ihm ist es „vollkommen unverständlich“, wie mit dem Verlag verfahren wurde. 

 

Wenn Sie den Qualitätsanspruch ansprechen: Wie unruhig werden Sie, wenn Sie den „Stern“, die „Brigitte“ von heute ansehen?

Andreas Lebert: Bei Gruner + Jahr zu arbeiten, war mit großem Stolz verbunden. In meinem Leben hat der Verlag eine zentrale Rolle gespielt.

 

Und jetzt?

Ich finde es wahnsinnig traurig, wie mit diesem Verlag verfahren wurde. Und wie er aus meiner Sicht zertrümmert wurde. Das ist extrem betrüblich und mir vollkommen unverständlich. Wir wissen alle, dass es nicht einfach ist, in diesen Zeiten Medien zu steuern und erfolgreich zu halten. Trotzdem ist es schon eine besondere Leistung, diesen großen überaus erfolgreichen Verlag mit solchen starken Marken, die zum deutschen Kulturleben gehörten, in so kurzer Zeit zu zertrümmern. Das muss man erst mal hinkriegen – und man muss es auch mit aller Macht wollen.

 

Harte Worte.

Ich konnte miterleben, weil ich noch Verbindungen in den Verlag habe, wie auch florierenden Titeln die Luft abgedreht wurde. Sehr traurig.

 

Führt denn Ihrer Meinung nach kein Weg zurück?

Leider nein.

 

Ist für Sie also ein „Stern“ als nun Kölner RTL-Unternehmung nicht mehr das Magazin, das es einmal war?

Der „Stern“ ist kein einfaches Thema. Schon zu meinen Zeiten dort diskutierten Journalisten in der ganzen Republik die Frage: Wie soll der „Stern“ sein? Jeder meinte zu wissen, wofür er zu stehen hat.

 

Ihre Antwort?

Wenn ich sie hätte, würde ich sie jetzt nicht Ihnen sagen. Der „Stern“ ist sicher ein besonders schwierig zu machendes Magazin, weil es einerseits ein wöchentliches, Nachrichtenmagazin-artiges Blatt ist. Andererseits ist er gleichzeitig aber auch die berühmte „Wundertüte“. Den „Stern“ gibt es ja zum Glück noch. Er wird auch von guten Kollegen gemacht. Der „Stern“ ist im neuen Konstrukt noch am lebendigsten. Trotzdem muss er sehr kämpfen, um seine Auflagen und Reichweiten zu liefern.

 

Die Bereitschaft, mit kreativen Magazin-Ideen einen Versuch zu wagen, hat in vielen Medienhäusern unter wirtschaftlichem Druck stark nachgelassen. Wie sehr schmerzt sie das?

Das ist sehr schade. Ich finde auch, dass es anders sein könnte. Wenn Sie in der Spielbank Geld gewinnen wollen, dann müssen Sie auch etwas einsetzen. Ja, der Medienmarkt ist kompliziert geworden, er hat sich stark diversifiziert – und doch lauern überall auch Erfolge.

 

Woran denken Sie?

Da darf ich noch mal „Zeit Wissen“ erwähnen. Selbstverständlich haben wir einen Instagram- und Facebook-Kanal mit vielen Followern, wir haben einen sehr erfolgreichen Podcast und unsere Themen werden auch auf „Zeit Online“ ausgespielt – aber „Zeit Wissen“ ist ein analoger Titel. Mit fast 60.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Es macht schon Freude zu sehen, dass so ein Titel wachsen kann – in der harten Auflage und im Abo. Manchmal denke ich, wenn ich unsere Zahlen sehe, dass sich da jemand verrechnet haben muss.

 

Und?

Natürlich sind die Zahlen absolut korrekt. Im Medienmarkt ist es einfach so: Es stimmen nicht die einfachen, die vereinfachenden Formeln. Das Publikum reagiert dann doch unberechenbar. Manche Sachen mögen die Leute, manche nicht. Aber wenn sie etwas mögen, dann gefällt es ihnen eben gerade nicht, wenn das hundertfach kopiert wird. Man muss sich schon immer wieder was Neues einfallen lassen, sonst winken die Leute ab.

 

Andreas Lebert sorgt seit rund einer Dekade für starke Zahlen im Verlag der „Zeit“. Wie macht er das? 


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