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Haben Journalistinnen und Journalisten noch eine Chance gegen KI?

Haben Journalistinnen und Journalisten noch eine Chance gegen KI? Peter Linden (Foto: privat)

Wie Journalisten durch ihren eigenen Stil beim Leser punkten können, warum sich Schreiber nicht auf ChatGPT verlassen sollen und was das mit Töpfern zu tun hat, verrät Journalistenausbilder Peter Linden.

Berlin –  „Individueller Schreibstil ist die einzige Waffe gegen die Entmachtung durch KI“, sagt Journalistenausbilder Peter Linden im „medium magazin“-Interview mit Georg Taitl. Wie er das begründet:

 

ChatGPT gilt als Wundermittel im Kampf um bessere Texte. Somit ist doch eigentlich alles gut und wir können unser Interview über Stilfragen sofort beenden …

Peter Linden: Im Gegenteil, wir müssen gerade deshalb anfangen, über Stil zu sprechen. Weil ChatGPT alles ist, nur nicht Stil. Es ist eine zunehmend verlässlichere Art, standardisierte und gut lesbare Texte herzustellen. Es ist eine auf Algorithmen basierende Rekonstruktion dessen, was andere an Stil entwickelt haben. Aber wir sind ganz, ganz weit weg von dem, was Stil tatsächlich ausmacht und bedeutet.

 

Weshalb?

Jargon und Stilformen kann man vielleicht imitieren, ja kopieren. Aber den Stil selbst, sei es eines Mediums oder einer einzelnen Person? Stil ist kreativ und variabel, er ist spontan, reagiert auf Gemütslagen und Stimmungslagen auch des Publikums. Er ist daher meiner Ansicht nach niemals aus Datenbanken generierbar.

 

… Welche Rolle spielt der individuelle Schreibstil gegen die Entmachtung durch KI?

Ich glaube, dass der individuelle Schreibstil unsere einzige Waffe ist. Ein Vergleich, der mir immer wieder in den Sinn kommt, ist der mit der Entwicklung der Porzellanherstellung. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts waren alle Tassen und Teller individuelle Werke, selten sogar Kunstwerke, einzelner Töpfer. Ab 1709 entstanden dann überall Manufakturen für Porzellan. Die meisten Menschen waren und sind absolut einverstanden mit diesen billigeren und einwandfreien Tassen und Tellern. Doch wenn sie etwas Besonderes wollen, gehen sie noch heute zum Töpfermarkt. Sie suchen nach dieser einen Tasse, diesem einen Teller, die sie besonders ansprechen. Die sie nur zu besonderen Anlässen verwenden. Ähnlich sehe ich die Entwicklung im Bereich der Textproduktion … 

 

  • Otto Normal-Schreiber braucht individuellen Stil doch gar nicht, oder?
  • Sollen junge Journalisten also gleich als kreative Genies antreten? Oder müssen sie nicht doch erst einmal ihr Handwerk lernen?
  • Braucht es in manchen Textgattungen„Künstler“?
  • Sie sprachen von kreativem Umgang mit dem Stoff und spontanen Brüchen einer Erwartung. Wie soll das ein Schreiber denn anstellen?

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