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Newsroom – Rupert Sommer

Marion Horn: „KI ist nicht witzig“

Marion Horn: „KI ist nicht witzig“ Marion Horn (Foto: APA-Fotoservice/Schedl)

Auf dem European Publishing Congress in Wien verrät die „Bild“-Chefredakteurin, was sie von Künstlicher Intelligenz hält – und worauf sich guter Journalismus rückbesinnen sollte.

Wien – Selbstbewusste Standortbestimmung: Das Medienhaus Springer zählt zu den Vorreitern, was den Einsatz von KI-Tools und ChatGPT-Anwendungen angeht. Doch einprägsame Schlagzeilen wie „Wir sind Papst“ oder „So WIRTZ was im Sommer“ (nach dem EM-Auftakt-Tor von Florian Wirtz) werden bei Europas größter Boulevardzeitung auf absehbare Zeit nicht von Maschinen getextet. „KI ist toll, aber sie ist nicht wortwitzig und erfindet nichts“, sagte Marion Horn, Vorsitzende der Chefredaktionen der „Bild“-Gruppe, auf dem European Publishing Congress.


Gleichzeitig bestätigt sie, dass bei „Bild“ im Redaktionsalltag viel mit KI experimentiert werde – auch mit entsprechenden Tools für Vorschläge und Kürzungshilfen im Redaktionssystem. Horn sieht KI für schreibende Journalistinnen und Journalisten dabei als Chance zur Arbeitsentlastung, um sich neue Freiräume zu erschließen. „Wir setzen sie ein, um besser zu werden, um wieder mehr Beinfreiheit für kreative Dinge zu haben“, sagte sie über KI bei „Bild“.

Dabei sei es wichtig, wieder die Stärken von redaktioneller Exzellenz und den persönlichen Einsatz – etwa bei Vor-Ort-Reportagen - herauszustreichen. „Für mich ist KI die Chance, sich unentbehrlich zu machen“, sagt sie. „KI geht nicht als erste in Gaza rein und spricht auch nicht mit der Frau, die eben ihr Kind verloren hat."


Von der Vermutung, dass sich die prägnant kurze Sprache der „Bild“ vermeintlich besonders einfach von KI lernen und dann automatisiert nachformen lasse, wirkte Marion Horn nicht überzeugt. „Einfach und klar zu schreiben, sodass es jeder versteht, ist echt schwer“, sagte sie über den Sprachstil der Zeitung. Zusätzliche Kreativität im Umgang mit Sprache erwartet sie von den Maschinen nicht. „Die KI ist nicht witzig.“

Eine Einschätzung, die auch Peter Linden teilt. Der Autor des soeben erschienenen DUDEN-„Handbuch Stil“ und erfahrene Journalisten-Ausbilder hatte zuletzt im engen Austausch mit Marion Horn den Sprachgebrauch der „Bild“ analysiert. „Ich glaube nicht, dass KI bei besonders kurzen Sätzen stark ist“, sagte er in Wien.

 

„KI ist gut bei erwartbaren Sätzen.“ Und die seien stilistisch eben eher fade. Stattdessen plädiert er für den Mut und die Mühe, außergewöhnliche Formulierungen zu finden. „Es wird immer um Kreativität gehen“, sagt er. Dies beinhalte, auch mal „frech zu sein und Regeln zu brechen“.