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Michael Boll: „Kein Funke Zweifel am öffentlichen Interesse der Nennung der Herkunft von Solingen Täter“

Michael Boll: „Kein Funke Zweifel am öffentlichen Interesse der Nennung der Herkunft von Solingen Täter“ Michael Boll (Foto: Christian Beier)

„Bitte keine Ratschläge aus dem Elfenbeinturm!“ - Der Verleger des „Solinger Tageblatts“, hat auf das Interview mit Claudia Paganini zum Anschlag in Solingen reagiert. Boll findet die Aussagen der Medienethikerin irritierend.

Solingen – Die Replik von „Solinger Tageblatt“-Verleger Michael Boll zum KNA-Interview mit Medienethikerin Paganini anlässlich des Anschlags in Solingen:

Medienethik ist eine wichtige wissenschaftliche Disziplin. Das gilt besonders in einer offenen Gesellschaft, in der Medien einen großen Einfluss haben. Insofern ist es keine große Überraschung, dass wie so oft nach großen nachrichtlichen Ereignissen auch nach dem Terroranschlag von Solingen sehr schnell medienkritische Aspekte diskutiert werden.

 

Was Frau Professorin Claudia Paganini jedoch am 28.August 2024 im Interview mit kress.de ausführte, ist in hohem Maße irritierend. So kritisiert die Medienethikerin, dass es für die Medien im Allgemeinen im Fall Solingen kein Problem zu sein scheine, die Herkunft des Verdächtigen zu nennen. Dabei nimmt sie auch Bezug auf den Pressekodex und dass „mal so eine Art Konsens herrschte, dass man die Herkunft eigentlich nicht nennen sollte, um keinen ausländerfeindlichen Haltungen Vorschub zu leisten.“ Wie bitte? Das gilt ausweislich der Richtlinie 12.1 des Pressekodex aber richtigerweise doch gerade nicht, wenn ein begründetes öffentliches Interesse besteht an der Erwähnung der Herkunft des Verdächtigen.

 

Wenn, wie mutmaßlich im Fall Solingen, ein Flüchtling, der nach geltendem Recht eigentlich schon hätte abgeschoben sein sollen, einen religiös motivierten Terroranschlag mit drei Toten und vielen Verletzten begeht, kann es nicht einen Funken Zweifel am öffentlichen Interesse der Nennung seiner Herkunft geben. Die Praxis-Leitsätze des Presserats sind da glasklar. Ein begründetes öffentliches Interesse liegt demnach zum Beispiel vor bei einer besonders schweren Straftat wie Terrorismus.

 

Eigentlich benötigt man für diese Einschätzung gar nicht den Blick in den Pressekodex und seine Leitsätze. Der gesunde Menschenverstand lässt gar keinen anderen Schluss zu. Man stelle sich mal vor, im Fall Solingen ließe man die Bevölkerung im Unklaren über die Herkunft des mutmaßlichen Attentäters! Dann wäre man kommunikativ nicht mehr weit von Zuständen wie in totalitären Systemen entfernt. Dabei ist unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ohnehin so gefährdet wie noch nie seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland. Man denke nur an die aktuellen Wahlergebnisse im Osten.

 

Nötig sind jetzt nicht nur Politiker der demokratischen Mitte, die statt kleinlichem Parteienstreit pragmatisch und beherzt an Lösungen für real existierende Probleme – zum Beispiel in Migrations- und Sicherheitsfragen – arbeiten. Nötig sind auch unabhängige Medien, denen die Bürgerinnen und Bürger vertrauen, weil sie kritisch und wahrheitsgetreu diese Probleme thematisieren.

 

Wenn die Medien Ratschläge aus dem Elfenbeinturm wie die von Frau Professorin Paganini annehmen würden, verspielen sie das Vertrauen der Bevölkerung. Diese würde sich dann zunehmend aus dubiosen, mit Fake News gespickten „Alternativmedien“ informieren. Das kann keiner wollen, dem die Demokratie am Herzen liegt.“