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Newsroom – Henning Kornfeld

Penispumpen-Gate: „Tagesspiegel“ gegen „Bild“-Chefin Marion Horn

Penispumpen-Gate: „Tagesspiegel“ gegen „Bild“-Chefin Marion Horn Marion Horn (Foto: Bild)

Mit einer Penispumpe soll eine Polizistin als Transfrau zwei Bundespolizisten unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht haben. Das berichtete „Bild“ – nichts davon stimmte. Horn musste um Entschuldigung bitten. Der „Tagesspiegel“ hat nun die Hintergründe recherchiert.

Berlin – Am 12. November 2024 teilte die Berliner Polizei via X mit, Einsatzkräfte hätten „aufgrund eines richterlich erwirkten Durchsuchungsbeschlusses die Wohnung einer 27-jährigen Polizeibeamtin“ durchsucht, „nachdem sich zuvor zwei Geschädigte auf einem Polizeiabschnitt gemeldet und Anzeige erstattet hatten“. Sie hätten angegeben, dass sie in der Wohnung der Beamtin „unter Drogen gesetzt und anschließend ohne ihr Einverständnis sexuelle Handlungen vorgenommen wurden“.

 

Die „Bild“ griff den Fall Ende November in mehreren Artikeln auf, die voller Falschinformationen steckten: Die junge Frau habe einen Penis und sei eine Transfrau, so das Boulevardblatt. Und ihre Opfer, zwei Bundespolizisten, solle sie mit einer Penispumpe gequält haben. Wenige Wochen später musste die Zeitung alle Artikel offline nehmen, entschuldigte sich für „handwerkliche Fehler“ und überwies dem Anwalt von Judy S. 30.000 Euro. Der Grund: S. ist von Geburt an eine Frau, besitzt keine Penispumpe und hat Kollegen weder missbraucht noch gequält.

 

„Der neue Fall Katharina Blum“
Der „Tagesspiegel“ hat in einem großen Artikel jetzt die Hintergründe der Geschichte rekonstruiert. Den Ton setzt darin der Medienanwalt Christian Schertz, der S. pro bono vertritt: „Hier wurde eine Frau öffentlich diffamiert und zum Monster gemacht“, sagt er und spricht in Anlehnung an Heinrich Bölls Romanfigur von einem „neuen Fall Katharina Blum“.

 

Der „Tagesspiegel“ legt nahe, dass S. Opfer einer Intrige innerhalb der Polizei wurde. Gerüchte, die dort verbreitet wurden, fanden in Gestalt einer „Bild“-Polizeireporterin eine dankbare Abnehmerin, so die Vermutung: S. hatte im November die Wahl zur stellvertretenden Gesamtfrauenvertreterin gewonnen und sich dabei auch gegen Vertreterinnen von Verbänden wie der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) durchgesetzt. Es gebe Indizien dafür, dass deren Funktionäre Dienstgeheimnisse oder Falschinformationen über S. an „Bild“ weitergegeben hätten, berichtet der „Tagesspiegel“. Die Autorin der „Bild“-Berichte sei mit einem Polizeibeamten verheiratet, der Mitglied des Landeshauptvorstandes der DpolG und im Gesamtpersonalrat der Berliner Polizei ist. Hinweise der Polizei auf Fehler in ihrer Berichterstattung habe „Bild“ ignoriert und die Artikel erst gelöscht, nachdem sich Medienanwalt Schertz eingeschaltet hatte.

 

„Bild“-Chefin Marion Horn veröffentlichte am Wochenende erneut einen Beitrag zum Fall Judy S. und bat sie um Entschuldigung: „Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Trotzdem, das hätte uns nicht passieren dürfen.“ Die Autorin der „Bild“-Berichte über den Fall arbeitet laut „Tagesspiegel“ mittlerweile nicht mehr für die Zeitung.

 

Die Ermittlungen gegen S. wegen eines Sexualdelikts hat die Staatsanwaltschaft Ende Januar eingestellt, wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln ermittelt sie weiter. Ob sie jemals wieder als Polizistin in den Dienst zurückkehren wird, ist laut „Tagesspiegel“ unklar.

 

Von „Bild“ gibt es mittlerweile ein Statement zu dem Fall, aus dem auch der „Tagesspiegel“ zitiert. Das ist der Wortlaut: „Seit dem 23. November hatte BILD an mehreren Tagen über eine Berliner Polizistin berichtet, gegen die ein Ermittlungsverfahren lief. Die Artikel erschienen sowohl online auf BILD.de als auch in den gedruckten Ausgaben der BILD-Zeitung sowie in der B.Z. Diese entsprachen nicht unseren redaktionellen Standards und wurden wieder depubliziert. Es sind uns handwerkliche Fehler unterlaufen, die uns nicht hätten passieren dürfen. Wesentliche Fakten der Berichterstattung über die Polizistin sind unzutreffend, wodurch wir sie leider in ein falsches Licht gerückt hatten. Dafür haben wir öffentlich auf BILD.de bei der betroffenen Beamtin sowie bei unseren Leserinnen und Lesern schon am 20. Dezember 2024 um Entschuldigung gebeten. Am letzten Freitag / Samstag hatte BILD/B.Z. die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemeldet und Marion Horn aus diesem Anlass für BILD als Chefredakteurin noch einmal um Entschuldigung gebeten.“