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Sebastian Matthes zum Zuckerberg-Schwenk: „Auch bei Qualitätsmedien läuft nicht alles perfekt“

Sebastian Matthes zum Zuckerberg-Schwenk: „Auch bei Qualitätsmedien läuft nicht alles perfekt“ Sebastian Matthes (Foto: Max Brunnert)

„Auch in einem Krankenhaus passieren Fehler. Aber verlassen Sie sich deshalb lieber auf Wunderheiler?“ Der „Handelsblatt“-Chefredakteur hat einen starken Kommentar zur Entscheidung von Mark Zuckerberg geschrieben, in den USA die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern einzustellen.

Düsseldorf – „Schon bald soll es für die Gewichtung eines Beitrags bei Instagram oder Facebook keine Rolle mehr spielen, ob er einen Link zu einer seriösen Nachricht enthält oder eine frei erfundene Geschichte wiedergibt. Gleichzeitig kündigte Zuckerberg an, zusammen mit Donald Trump gegen Zensur durch Regierungen und herkömmliche Medien vorgehen zu wollen. Mit Meinungsfreiheit hat das natürlich nichts zu tun. Sondern mit dem Wunsch, die Tore für eine riesige Flut an Fake News zu öffnen. Jeder soll alles behaupten können – ob es stimmt oder nicht“, nimmt „Handelsblatt“-Lenker Sebastian Matthes Bezug zum Debattenthema der Woche.

 

Meta-Gründer Mark Zuckerberg hatte in einem Video angekündigt, in den USA die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern für die Plattformen Facebook, Instagram und Threads zu beenden. Stattdessen solle ein nutzerbasiertes Moderationssystem nach dem Vorbild von Elon Musks Plattform „X“ eingeführt werden.

 

Keinem der Tech-Bosse gehe es um Meinungsfreiheit, schreibt Matthes in seinem Kommentar. „Wenn sie über Freiheit sprechen, dann meinen sie ihre eigene Freiheit als Unternehmer.“ Zuckerberg zum Beispiel wolle keine Verantwortung mehr dafür übernehmen, was erfundene Meldungen anrichteten, die über seine Plattform verbreitet werden. Matthes verweist auf „gut belegte Forschung“, die zeige, „dass der Brexit womöglich anders ausgegangen wäre, wenn bei Facebook weniger Lügen über den Zustand Großbritanniens veröffentlicht worden wären“. Für den Journalisten ist es „atemberaubend“, wie viele Falschnachrichten bei X seit der Übernahme durch Elon Musk verbreitet würden, wie Musk selbst politischen Einfluss nehme. „Würde eine Zeitung nur einen Bruchteil davon veröffentlichen, würde sie zu Recht vom Markt verschwinden.“

 

Eine Welt ohne Faktenchecks und ohne professionellen Journalismus hilft aus Sicht von Matthes nicht nur Populisten sondern auch den Plattformen: „Es gedeihen auch die Klickraten (und mit denen steigen die Werbeerlöse).“ Der „Handelsblatt“-Chefredakteur übt in seinem Kommentar „Es ist Zeit, über unseren Journalismus zu sprechen“ sowohl Selbstreflexion als auch Selbstkritik. Es laufe auch bei Qualitätsmedien nicht alles perfekt. Es passierten Fehler. Mitunter werde politisch einseitig berichtet. Und es fiel auch mal wichtige Themen unter den Tisch. Aber am Ende trage dafür eine Redaktion die Verantwortung. Matthes bedient sich eines treffenden Bildes: „Auch in einem Krankenhaus passieren Fehler. Aber verlassen Sie sich deshalb lieber auf Wunderheiler? Wahrscheinlich nur, wenn Sie zu lange auf Fake-News-Plattformen unterwegs waren.“