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„Shitbürgertum“: Buchpublikation von Ulf Poschardt abgesagt

„Shitbürgertum“: Buchpublikation von Ulf Poschardt abgesagt Ulf Poschardt (Foto: Mirjam Reither/picturedesk.com)

„Welt“-Journalist Poschardt wollte für eine Essay-Reihe eines Verlages ein Buch beisteuern. Nun ist das Projekt geplatzt. Was dahinter steckt und was das mit Elon Musk zu tun hat.

Berlin/Springe (dpa) − Ein Buchprojekt zwischen Journalist und Autor Ulf Poschardt und einem Buchverlag ist geplatzt. Der 57-Jährige teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: „Kurz vor Weihnachten 2024 hat der Verlag zu Klampen entschieden, mein Buch „Shitbürgertum“ nicht zu veröffentlichen.“ Das Buch sollte im Februar erscheinen und Teil einer Essay-Reihe sein. 

 

Der Verlag zu Klampen, der in der Nähe von Hannover seinen Sitz hat, bestätigte das Aus: „Aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen von Herausgeberin und Autor wurde der Vertrag eine Woche vor Weihnachten im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst.“ Weiter hieß es: „Wir bedauern sehr, dass Ulf Poschardts „Shitbürgertum“ nun doch nicht im Rahmen unseres Programms erscheinen wird.“

 

Der Band sei im Sommer 2024 für eine von Anne Hamilton herausgegebene Essay-Reihe, die sich um Politik, Philosophie, Gesellschaft und Kunst dreht, vereinbart worden und sollte die „Analyse eines Sozialtypus liefern, bei dem sich Anmaßung und Untertanengeist, Selbstbehauptung und Opportunismus auf unheilvolle Weise mischen“. 

 

Das Buchprojekt von Poschardt, der seit vielen Jahren in Topposition für die Welt-Gruppe bei Axel Springer tätig ist, scheiterte damit noch vor dem Erscheinen eines umstrittenen Gastbeitrags von Tech-Milliardär und Trump-Vertrautem Elon Musk in der „Welt am Sonntag“. Musks Text − eine Wahlempfehlung für die AfD − löste innerhalb der Redaktion und außerhalb eine heftige Kontroverse darüber aus, ob man den Text hätte drucken sollen oder nicht.

 

Warum scheiterte das Buchprojekt?

Poschardt, der viele Jahre Chefredakteur der Welt-Gruppe im Axel-Springer-Konzern war und zum Jahreswechsel in die Herausgeberrolle für mehrere Springer-Medienmarken («Welt“, „Politico Deutschland“ und „Business Insider Deutschland») wechselte, teilte zu den Hintergründen des geplatzten Projekts mit: „Ursprünglich wollte der Verlag ein Buch von mir, weil die Herausgeberin der Reihe begeistert war von meiner publizistischen Essayistik. Auch nach Leseproben hielt die Begeisterung an.“

 

Von dem Journalisten, der schon mehrere Bücher (u.a. „Mündig“) veröffentlicht hat, hieß es weiter, es habe „erste Irritationen“ gegeben, als die Herausgeberin „Philosemitismus in einer Passage über Paul Celan und die Gruppe 47 problematisierte“. Den Begriff Philosemitismus verwendet man laut Duden unter anderem auch abwertend im Sinne einer unkritischen Haltung, die die Politik des Staates Israel ohne Vorbehalte unterstütze. Ebenso beschreibt er laut Duden eine geistige Bewegung, die gegenüber Juden und ihrer Religion sehr tolerant sei.

 

Poschardt teilte auch mit, er habe kurz vor Weihnachten ein „lektoriertes Manuskript mit einem zweiseitigen Brief, in dem es plötzlich ein grundsätzliches Fremdeln mit dem Text, seiner Tonalität und Schärfe gab − und auch mit dessen Unerbittlichkeit in der Kritik jener Milieus, die das Verlagswesen, den Buchhandel, das politische Feuilleton prägen“, erhalten. „In weiteren Telefonaten wurde deutlich, dass der Verlag das Buch in der vorgelegten Form nicht machen würde. Und auf die Bitte, das Buch abzumildern oder auch konventioneller im Sound und im Gestus zu werden, reagierte ich freundlich und bestimmt, dass dies keine Option für mich sei.“

 

Was sagt der Verlag zu den Gründen?

Der Verlag, der seit 1983 existiert und nach eigenen Angaben Bücher „im Geiste der Aufklärung“ publiziert, äußerte sich zu den Gründen der gescheiterten Zusammenarbeit so: Im Laufe der Arbeit an dem Projekt habe sich für die Herausgeberin immer klarer abgezeichnet, „dass die Behandlung des Themas den Rahmen der Reihe sprengen würde: Die Darstellung des Autors, mit dessen Analysen sie grundsätzlich übereinstimmte, tendierte zu sehr in Richtung Polemik“. Der Verlag führte auch aus: „Der Autor allerdings sieht genau in dieser scharfen Argumentationsweise die einzig mögliche Form, in Zeiten sich überstürzender politischer Ereignisse wirkungsvoll essayistisch zu intervenieren.“

 

Der Verlag hat in seinem Portfolio vor allem Sachbücher und Essays. Es geht unter anderem um Philosophie, Politik und Gesellschaftstheorie. Zu den Autoren zählen Namen wie Theodor W. Adorno, Günter Grass und Herbert Marcuse. Auf der Autorenliste sind auch Journalisten zu finden, darunter Jürgen Kaube und Patrick Bahners.