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dpa

Zeitschriftenverleger: Mehrwertsteuer auf Presse weiter reduzieren

Medienhäuser sind enttäuscht, dass eine staatliche Förderung für den Bereich flächendeckende Zustellung ausgeblieben ist. Nun blicken Verlage auf die Mehrwertsteuer und sehen dort einen Hebel.

Berlin (dpa) − Nach der bisher ausgebliebenen staatlichen Förderung von Medienhäusern für die Zustellung von gedruckten Zeitungen und Magazinen drängen Zeitschriftenverleger erneut auf die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Presseprodukte. Der Bundesgeschäftsführer des Medienverbands der freien Presse (MVFP), Stephan Scherzer, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Unabhängig von der diskutierten Zustellförderung wäre die Absenkung der Mehrwertsteuer für die Zeitschriften- und Zeitungspresse ordnungspolitisch einwandfrei. Sie wäre darüber hinaus auch eine Transformationsförderung, weil alle, die Umsatz machen − gedruckt oder digital − durch eine abgesenkte Mehrwertsteuer unterstützt würden.“

 

Scherzer ergänzte: „Es müssten keine zusätzlichen bürokratischen Apparate aufgebaut werden. Die Anpassung könnte im Jahressteuergesetz ohne größeren Aufwand und ohne Genehmigung durch die EU umgesetzt werden.“ Die Mehrwertsteuer auf Zeitungen und Zeitschriften liegt aktuell beim ermäßigten Satz von sieben Prozent.

 

Burda-Manager Philipp Welte, der auch MVFP-Vorstandsvorsitzender ist, hatte sich kürzlich in einem „Handelsblatt“-Bericht ebenso für die Absenkung ausgesprochen. Bereits im Sommer 2023 hatte die neue Spitze des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen verlangt. Medienstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte im Dezember der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Es wäre ein wichtiger Schritt, wenn die Mehrwertsteuer von 7 Prozent weiter abgesenkt wird.“

 

Verlegerverbände fordern seit Jahren staatliche Unterstützung, da Medienhäuser unter anderem wegen Energiepreisen, Inflation und Mindestlohn höhere Kosten bei der Verteilung von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften haben. Die Auflagen sind in den vergangenen Jahrzehnten zudem gesunken. Es gibt die Befürchtung, dass die Pressevielfalt vor allem in den Regionen zurückgehen könnte.

 

Auch in der Bundespolitik wird seit Jahren eine staatliche Förderung von Pressehäusern diskutiert. Es gab mehrere Anläufe und Modelle − bislang wurde nichts umgesetzt. In den jüngsten Haushaltsverhandlungen für 2024 wurden keine Förderungen in den Plan aufgenommen. Im Koalitionsvertrag der Ampel steht die Prüfung von Fördermöglichkeiten.

 

Zur wirtschaftlichen Lage der Zeitschriftenverlage sagte Scherzer: „Der Druck ist mindestens genauso groß wie zu Jahresbeginn 2023, meines Erachtens sogar noch größer durch die KI-Transformation, in der wir uns seit einem Jahr befinden. Alle Geschäftsmodelle zur Refinanzierung von Presseangeboten müssen unter großem Druck neu ausgerichtet werden. Zumindest sehe ich aktuell, dass die Papierpreise nicht weiter in astronomische Höhen steigen.“

 

Scherzer ergänzte: „Die Erlöse von Leserinnen und Lesern sind der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg von Presseverlagen. Werbeerlöse sind wichtig, aber die Umsätze vom Leser sind zentral.“

Auf die Frage, ob es Anzeichen dafür gebe, dass es über die normale Bewegung hinaus zur Einstellung von Zeitschriftentiteln im laufenden Jahr kommen könnte, antwortete Scherzer: „Derzeit nicht. Aber das Risiko steigt durch überbordende Regulierung, hohe Produktionskosten, notwendige Investitionen in die weitere Transformation und im Digitalen durch weitgehend ungebändigte Monopolplattformen.“

 

Vor kurzem veröffentlichte der Zeitungsverlegerverband Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) eine Trendbefragung unter Medienexperten. Demnach werde sich der Auflagenrückgang von gedruckten Zeitungen in Deutschland verstärken. Zugleich werden die Digital-Abos demnach stark wachsen. Der Rückgang im Print-Werbemarkt werde sich zudem etwas abschwächen, lautet die Prognose.